- 270 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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er zum Teil selbst einzig unter seinen musikalischen Zeitgenossen steht. Von allem findet sich ja auch in der neuesten Symphonie Mahlers hinreichend Proben. [M06/C]
gilt für Mahlers Instrumentation der alte Satz, dass einer gemeinhin desto weniger wirklich sagt und desto weniger überzeugt, je mehr er redet und je lauter er schreit [M06/D]

Das ganz Werk erscheint mir – ich will damit beileibe kein Programm geben – höchst subjektiv, gewissermaßen als ein auf der Gegensätzlichkeit zwischen dem Frieden der Natur und dem Dämon des Künstlers beruhendes musikalisches Bekenntnis, um so mehr, als auf mich die persönliche Erscheinung Mahlers von jeher als die eines menschgewordenen Dämons, etwa in der Art des genialen E. T. A. Hoffmannschen Kreisler gewirkt hat. [M06/G]

mit diesem monströsen Werk [. . . ] Und auf der anderen Seite welche Lust an lärmenden und bizarren Klangexperimenten als Selbstzweck, welche Häufung schreiender, barbarischer, ungeheuerlicher Effekte, die doch nicht vermögen, die musikalische Armut der Gesamtanlage zu verbergen. Um den seltsamen Stil der viersätzigen 1 1/4 Stunde dauernden Symphonie annähernd zu kennzeichnen, möchte ich sagen: es ist eine musikalische Groteske mit starker Betonung des ironischen und selbstironischen Moments. Aber wir bedanken uns für musizierten Shaw! [. . . ] Auch Strauß’ Heldenleben und Tschaikowskys Pathetische Symphonie führen stellenweise Satire und Pessimismus in ihrem Wappen, aber sie entlassen uns doch nicht mit dem Gefühl trostloser Unbefriedigung, begießen uns nicht mit den kalten Wasserstrahlen rationalistischen Spotts, wie dies Mahler hier tut, der alle natürliche Empfindung für das Einfache, Große und Schöne gewaltsam in sich erstickt zu haben scheint. [. . . ] Diesmal [bei der Wiederholung der Aufführung unter Stavenhagen] hatte ich das Gefühl, aus zufälligem Betrachten der Mahlerschen Mundform in Orliks bekannter Radierung verstärkt: der Mann treibt sardonischen Spott mit uns. Er parodiert die ganze moderne Musik in seinem Werk und sich selbst mit. [. . . ] Shawismus in der heiligen Tonkunst [M06/H]

auf dem Grund all’ diese Absurditäten, dieser amusischen Geräuschwirkungen, dieser Panoptikumseffekte [M06/J]

In diesem Forcement ging es durch alle 4 Sätze; und da das Werk ungewöhnlich reich ist an Kraftentladungen, klangen – namentlich die Hölzer, aber auch Trompeten und Posaunen, die sich beständig überbliesen, oft schrecklich roh, [W07/A]

Eine so endlos gespannte Melodienbrücke deckt nicht bloß die gefährliche Wasserfläche des von seltsamen inneren Erlebnissen mystisch bewegten Flusses, sondern auch manch sandiges Uferland, das niemanden kümmert, mag es auch zum Strome ebensogut gehören wie seine Wellen. Der Bau der Brücke imponiert durch seine konstruktive Kühnheit, doch erweckt die Furcht, daß er nicht den Stürmen der Ewigkeit standhalten könnte. [W07/B]

sie stellt gleichsam die Katastrophe in einem Drama unserer Kunst und Kultur dar [. . . ] Daß Mahler auf dem Gebiet der Unmusik, der unartikulierten Tongeräusche und absoluten Klanghäßlichkeit endet, [. . . ] Bei Mahler aber erscheint sogar die tragische Schuld an Stelle des Geschickes: denn die Sucht nach dem Ruhm des Genies drängt den Komponisten nach einem Ausweg, der über die Grenzen der Wahrheit gegen die Kunst und sich selbst weit hinausführte, und endlich dem Abgrunde der Kunstlüge zutreiben mußte. Die neue Simphonie [sic] ist der katastrophale Untergang Mahlers in diesem Abgrund. [. . . ] Daß Mahler auf dem Gebiet der Unmusik, der unartikulierten Tongeräusche und absoluten Klanghäßlichkeit endet, erscheint eigentlich nur als eine Folge und als Beweis – des hochgradigen Paroxismus eines an Selbstzweifeln schweren inneren Ringens. [. . . ] Mahler handelt seine Themen in den unvermeidlichen grotesken Marschrhythmen ab, die angeblich tragisch gemeint sind, jedoch tragikomisch wirken, in die auch ein – merkwürdig genug – Bruckner nachgebildeter Choral eingeflochten wird. [W07/C]

Bei Kolossalwerken mit so unüberblickbaren Dimensionen wie Mahlers [. . . ] sechste Symphonie [. . . ] Auf dritthalbhundert Partiturseiten ist Raum für alles, für die geistreichsten Emanationen, kunstvollsten Kombinationen, die herrlichsten und kühnsten Gedanken, aber auch für tote Punkte, geschwätziges Füllsel, eigenwillige Verbohrtheit, überschnappende Extravaganzen und selbstgefällige Plattheiten. [. . . ] Gehämmer und Geprassel gibt es in dieser Symphonie wie in einer Schmiedeesse. [W07/D]

Die Sechste! Nummer sieben ist fertig, Nummer acht steht »im Uebersatz«. Alljährlich naht vom Himmel eine Taube. Eigentlich ein Geier mit Krallen und schweren Flügeln. Ich darf mich kürzer fassen. Krupp macht nur Kanonen, Mahler nur Symphonien. [. . . ] Indes ist er ein sehr bescheidener Musiker, trotz der Pracht und des Riesenlärmes im Orchester. [. . . ] Zwischen Marsch

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