Auch hier wird auf das klassische Stummfilmarsenal zurückgegriffen
(Lotusflöte etc.). Wegen ihrer Bedeutung wird den Geräuschen ein eigenes Kapitel
gewidmet.
Situations-/ortsbezogene Musik Dieser sehr weit gefassten Gruppe werden all jene
Takes zugeordnet, die dazu dienen, eine bestimmte Situation oder einen Ort musikalisch
zu charakterisieren, was sich oftmals mit der Kategorie ›Musik im On‹ überschneidet.
Dazu gehören unter anderem Takes, die man kaum wahrnimmt (t 12, 25), Takes, die die
Situation musikalisch einfärben (t 26/27) bis hin zu kurzen Einsätzen, die die
(teilweise groteske) Handlung begleiten (so z. B. in Segment 44, wenn aus der
Litfasssäule, in der ein Marilyn Monroe-Imitat verschwunden ist, der französische
Jazzgitarrist und Chansonnier Sacha Distel herauskommt, worauf eine Jazzgitarre
eine Melodie intoniert, die entfernt an ›When The Saints Go Marching In‹
erinnert).
Es soll an dieser Stelle genauer auf die Takes 5, 37 und 39–40 eingegangen werden, da
sie den Ort ›salonsalamanger‹ (Ess-/Wohnzimmer) musikalisch charakterisieren und
gleichzeitig mit der mysteriösen Albertine verbunden sind. Die montierte Musik hebt
sich deutlich gegenüber dem New-Orleans-Dixie-Ragtime-Gemisch ab, das einen Großteil
des Films ausmacht: einerseits durch den Gestus, andererseits durch die sehr dezent
gehaltene Lautstärke.
Take 5 setzt zu Beginn des Segments 9 ein: Neonwerbungen an der Place Pigalle,
dann Schnitt auf Albertine, Schnitt auf Neonwerbungen, dann wieder Albertine, die mit
einem Suppentopf aus der Küche kommt. Die Bewegungen der Musik folgen
dem Rhythmus der Neonwerbungen (Geige und Bogen, die Aufschrift ›Les
Naturistes‹, Bein mit Fußball). Dann wird durch eine Rückwärtsfahrt der Kamera der
Blick auf den ›salonsalamanger‹ frei. Zazie und Gabriel sitzen am Tisch und
warten auf das Essen. Sie diskutieren über Zazies zukünftige Berufswünsche,
während Albertine einen Gang nach dem anderen serviert. Nachdem Zazie ins
Bett gegangen ist und Albertine das Kostüm der Spanierin für Gabriel aus der
Abstellkammer geholt hat, endet das Take, als Turandot mit dem Papagei
eintritt.
Dieses Segment wird in hohem Maße durch das Zusammenspiel von Licht,
Musik, Geräusch und den Personen bestimmt. Mit dem Erscheinen von Albertine
tritt eine neue Figur in den Film. Ihre mysteriöse, undurchschaubare Fassade
korrespondiert hier mit der Musik (das sich ständig wiederholende ruhige Zweitaktmotiv
der Töne fisis, gis und h mit rhythmisch-metrischen Variationen), zumal sich
die Atmosphäre deutlich vom vorherigen Kneipenlärm und Zetern Turandots
abhebt.
Das Zusammenspiel von Kameraeinstellung (Rückwärtsfahrt im Rhythmus ihres
Schrittes), Lichteffekten (ihr Gesicht wirkt durch die Neonwerbung bläulich) und Musik
gibt ihr eine unwirkliche, gespenstige Note. Während des folgenden Gesprächs
bleibt die Musik fortwährend vorhanden. Die Musik gehört in diesem Seg-
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