eine Pause
eingefügt ist, in der sich die Schauspieler stärken und entspannen. Bevor die eigentliche
Handlung beginnt, montiert Malle einen Prolog, der – ähnlich wie zu Beginn von My Dinner
With André – mit impressionistischen Eindrücken Manhattans beginnt (hier der 42.
Straße). Allmählich lösen sich aus der vorbeieilenden Menschenmenge (»la faune urbaine
new-yorkaise«)665
Dieser Prolog war für Malle von besonderer Bedeutung. Er gibt die Erinnerungen des Regisseurs wieder, der, als er zu spät zu einer Aufführung im Victory Theatre kam, gezwungenermaßen vor der Tür warten musste:
»Für eine halbe Stunde lang stand ich also in der 42sten Straße und beobachtete, was um mich herum geschah, und dachte: ›Wow!‹ Und ich behielt die Eindrücke im Gedächtnis. Es war Sommer und es herrschte ungefähr das gleiche Licht, das wir hatten, als wir den Prolog – und was in der Straße passierte! – filmten. Deshalb nannten wir den Film WANJA – 42ste STRAßE. Ich glaube, es ist wichtig zu zeigen , dass es sich um ein urtypisches New Yorker Projekt handelt.«666
Auffällig ist der Kontrast zwischen der äußeren Umgebung des Theaters, des Außenraumes Manhattan, der von brodelndem Leben, Sex-Shops und Hot-Dog-Buden geprägt ist, und dem Innenraum, dem alten Theater, in dem sich hochkarätige Schauspieler mit einem anspruchsvollen Stück beschäftigen. In diesem Aspekt wird deutlich, wie sich der Dokumentarist Malle mit dem Theaterfan Malle vereint. Obwohl der Prolog nur fünf Minuten dauert, erhält der Filmbetrachter prägnante Hinweise, die auf den Ort der Handlung verweisen – die typischen New Yorker Straßenschilder, das multikulturelle Bevölkerungsgemisch und den unvermeidlichen Verkehrslärm. Hier manifestiert sich die Beobachtungsgabe Malles, der auch die Handlung im Außenraum (Straße) wie in einem Dokumentarfilm ansiedelt: Der Filmbetrachter erkennt zunächst nicht, dass ein Teil der wie zufällig anvisierten Personen zum Theaterensemble gehört. Dieser kurze Ausschnitt stellt ein weiteres Beispiel im Schaffen Malles für eine Fusion von Dokumentar- und Spielfilm dar. Die Tonspur hat an der Kennzeichnung des Ortes New York wesentlichen Anteil. Neben den bereits erwähnten typischen Verkehrsgeräuschen (Malle war es wichtig, dass auch während des Stücks die Polizeisirenen außerhalb des Theaters vernehmbar waren, um dem Filmbetrachter durchgängig zu vermitteln, wo die Probe stattfindet)667
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