- 191 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (190)Nächste Seite (192) Letzte Seite (363)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Dizzy Gillespie Malle montiert lediglich ein Stück des Trompeters im Film, The Champ. Es handelt sich dabei um eine Live-Aufnahme aus einem Konzert, das Gillespie am 9. 2. 1953 im Salle Pleyel in Paris gegeben hatte. The Champ, nach Jürgen Wölfer der »Bebop-Hit der 50er Jahre«,492

492
Wölfer, Jürgen: Dizzy Gillespie. Sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Waakirchen: Oreos 1987, S. 111
ist ein sehr schneller Swing (Viertel ca. 320). Im Film erklingt ein Ausschnitt des Trompetensolos in dem Moment, in dem Laurent im Zimmer seiner Mutter auf dem Bett liegt, eine Gillespie-Schallplatte hört (wahrscheinlich die, die er von seinen Brüdern geschenkt bekommen hat, vgl. S 49) und liest. In diesem Augenblick kommt die Mutter herein, die sich gerade von ihrem Freund getrennt hat. Die folgende Konversation verdeutlicht, welch unterschiedlichen Stellenwert der Bebop für die beiden hat: »Tu ne peux pas arrêter cette affreuse musique?« »Maman, c’est Gillespie!« »J’ai mal à la tête!«.493
493
»Kannst du nicht diese schreckliche Musik ausmachen?« »Aber Mama, das ist Gillespie!« »Ich habe Kopfschmerzen.«
Zweifelsohne ist die Mutter schlechter Laune und in diesem Moment nicht disponiert, um das Trompetenspiel Gillespies zu bewundern; dennoch zeigt die Szene, wie wichtig Laurent die Musik ist und wie wenig Verständnis die Mutter für sie hegt. Die Musik erklingt in starkem Kontrast zum vorherigen Take, jenem Tanz der Kurkapelle. Ähnlich wie in Segment 21 igelt sich Laurent in seiner Welt ein und frönt seinen Lieblingsbeschäftigungen, dem Lesen und Musikhören. Und auch an dieser Stelle definiert sich Laurent über die Musik, indem sie fast wie eine Katharsis nach dem ›Ertragen‹ der vorherigen Tanzmusik wirkt. Zudem gewinnt die Szene, abermals wie in Segment 21, durch das Verwenden einer zeitgenössischen Aufnahme, zudem noch einer bei einem französischen Konzert mitgeschnittenen, eine hohe Authentizität.

Henri Renaud Henri Renaud ist ein französischer Jazzpianist und Bandleader, der als »führender Repräsentant des französischen Cooljazz«494

494
Kunzler, Martin: Jazzlexikon. 2 Bände, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1988, Bd. 2, S. 970 f.
gilt. Aufgrund der Besetzung ist anzunehmen, dass er das im Film verwendete Stück Jerry Old Man mit seinen amerikanischen Musikerkollegen höchstwahrscheinlich im Jahre 1954 in den USA aufnahm. Somit fällt auch dieses Stück in die Epoche der Filmhandlung. Der lässig swingende Gestus des Stückes korrespondiert mit der Handlung in den Segmenten 47 und 49. Laurent, im Krankenbett, lässt sich von der ganzen Familie verwöhnen und hört Jazz-Schallplatten. Das gleiche Stück erklingt in Segment 64 im Radio.

Sidney Bechet Die im Film montierten Titel des New-Orleans-Klarinettisten und Sopransaxophonisten Bechet wurden mit dem Claude Luter Orchestra in Frankreich aufgenommen.495

495
Die Titel sind wahrscheinlich zwischen 1949 und 1952 eingespielt worden. Vgl. Bechet, Sidney: Petite fleur. Erinnerungen eines begnadeten Jazzmusikers. Hamburg/Zürich: Luchterhand 1992, S. 225 ff. und S. 265–270
Es erklingen in den Segmenten 28–30 die Stücke The Onions und Sobbin‘ and Cryin‘ und in Segment 39 The Fish Merchant.496
496
Die frz. Originaltitel: Les Oignons/Le Marchand de poissons

Erste Seite (i) Vorherige Seite (190)Nächste Seite (192) Letzte Seite (363)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 191 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?"