wobei
nicht geklärt werden kann, ob die asiatischen Klänge vor Ort aufgenommen
wurden.
Die Musik hat in manchen Segmenten eine ähnliche Funktion wie der Off-Kommentar, d. h. sie wirkt kontrapunktisch und ironisch zu den Bildern. In Segment 5 montiert Malle Bilder amerikanischer und japanischer Touristen. Dabei fokussiert er voyeuristisch auf den enormen Überbiss einer japanischen Frau, die gemeinsam mit amerikanischen Touristen mit naiv wirkendem Lächeln ein Aquarium betrachtet. Die fremd wirkende Geigenmusik suggeriert in diesem Fall ein generelles Unverständnis sowohl gegenüber den Fischen als auch gegenüber der Musik (dies trifft vermutlich eher auf den Amerikaner als auf die Japanerin zu). Hierbei verbinden sich die fernöstlichen Geigenklänge mit den Bildern der Touristen zu einer entlarvenden Einheit, zumal auch sämtliche Geräusche ausgeblendet sind. An anderen Stellen hat die Musik die Funktion, asiatisches Lokalkolorit zu verbreiten, wenn in den Segmenten über den Brahmanen-Priester und den Buddhismus eine Solo-Flöte und Mönchsgesänge erklingen (Segmente 26–27) und an anderen Stellen charakteristische Perkussion eingesetzt wird (Segment 28; 30). Die Ironie als Funktion der Musik, die in anderen Fällen gegen den westlichen Einfluss gerichtet ist, zeigt sich besonders deutlich in den Szenen, die das mannigfaltige Nachtleben illustrieren (»Pour qui aime la nuit, Bangkok est une ville heureuse.«404
FazitVive le tour! und Bons baisers de Bangkok sind zwei kurze Dokumentarfilme, in denen sich bereits Grundprinzipien der Indien- und Dokumentarfilme Malles aus den 70er-Jahren manifestieren – die Tendenz zum cinéma direct ist in diesen Filmen angelegt. Dabei ist entscheidend, dass Malle durch Montage und Ton zwar den späteren Neutralitätsanspruch der Indien-Filme verlässt, aber eine direkte mise en scène der zu filmenden Personen vermeidet. So filmt Malle das, was ihm wichtig erscheint, fordert jedoch niemanden auf zu schauspielern. Direkter ist die Verbindung zwischen Bons baisers de Bangkok und den Indien-Filmen. Die Produktionen verbinden nicht nur die Exotik des Reiselandes, sondern auch die Themenschwerpunkte, obgleich die Aussage und die Intention des älteren Dokumentarfilms von denen der späteren abweichen.405
Die Gestaltung der Tonspur bleibt sehr stark an die Zeit der Dreharbeiten und deren technischen Möglichkeiten gebunden. Malles Präferenz für den son direct ist |