- 78 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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3. Zur Sozialpsychologie des harmonikalen Weltbildes


Die harmonikalen Vorstellungen von Sphärenmusik sind historisch leicht nachvollziehbar. Es ist aber zu fragen, warum sie für viele Menschen - denken Sie an Paul Hindemith, Hans Kayser oder Joachim-Ernst Berendt! - auch heute noch etwas Überzeugendes an sich haben. Jede naive oder staunende Betrachtung des nächtlichen Sternenhimmels erschütterte doch den Glauben an eine einfache Zahlenordnung ganz ungemein. Das harmonikale Weltbild vermittelt eine Welt der Ordnung und Abgeschlossenheit. Und das bedeutet, daß dies Weltbild gut ist für ängstliche und ordnungsliebende Menschen: wenn schon alles im Alltag so unordentlich und chaotisch ist, so soll doch die Welt als Ganze und die Sphärenmusik als ihr Urklang ordentlich sein!

Ein sozialpsychologisch verständlicher, aber recht problematischer Wunsch. Denn die harmonikale Ordnung und das dahinter stehende abgeschlossene Weltbild sind unmenschlich. Ich brauche Ihnen ja nicht zu erzählen, daß bekannte Musiker sich nie vollständig an Ordnungen gehalten haben - Bach, Mozart, Webern oder Stockhausen. Einerseits haben sie laufend gegen bestehende Regeln verstoßen, andererseits waren sie so frei, selbst Regeln und Ordnungen zu entwerfen. Und drittens haben sie sogar gegen selbstgesetzte Regeln intuitiv verstoßen.

An der Universität Oldenburg wird seit gut fünf Jahren versucht, im Sinne des dortigen Konzepts von tools für Büro-Organisation ein tool für das offene Komponieren von Kunstmusik zu entwickeln. Das Hauptproblem des inzwischen informationstheoretisch immens aufgeblasenen Vorhabens ist es, daß "gutes" Komponieren ganz offensichtlich ein spiralenförmiger Prozeß von Regeldefinition und Regelbefolgung ist.

Ursula Levens, Entwurf eines computergestützen Kompositionswerkzeugs basierend

 auf dem Einsatz von Petri-Netzen, Diss. Oldenburg 1994, in Vorb.


Die moderne Kosmologie unterstützt die Annahme, daß wir in einem recht dynamischen, chaotischen System leben, das allerdings die wunderbare Fähigkeit der Selbstregulation hat (sog. Gaia-Hypothese). Es ist gar nicht weit hergeholt, musikalische Tätigkeit als eine Möglichkeit ernst zu nehmen, diesen dynamischen Selbstregulationsvorgang zu erfahren - im doppelten Sinne: sich anzueignen und ihn auch zu produzieren.



4. Die leitenden Hypothesen des künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsvorhabens MIDI-Planetarium


An diesem Punkt setzt das MIDI-Planetarium an: Das MIDI-Planetarium ist erstens ein Computerprogramm, das aufgrund weniger musikalischer Prämissen es ermög-


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