- 293 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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daß es in der Schule auch realisiert würde. Hier entsteht die neue Utopie einer Schule, in der Lehrer den didaktischen Herausforderungen neuer Technologien gewachsen sind, und in der die äußeren Voraussetzungen dafür gegeben sind.



2. Station

 oder "Der eidgenössische Keyboard-Schwur"


Geht man davon aus, daß auch Musikinstrumente "technische Medien" sind, bei denen der spieltechnische Eigenanteil des Benutzers allerdings in der Regel sehr hoch ist und nur in jahrelanger Arbeit erlernt werden kann, so verwundert es nicht, daß die Schule diese Arbeit immer der privaten Initiative überlassen hat.

Der allgemeinen Verfügbarkeit von Instrumenten standen bei dem weitaus größten Teil der Bevölkerung und bei den Schulträgern auch unüberwindliche wirtschaftliche Schwierigkeiten entgegen. Und so blieb es - bis über die Mitte unseres Jahrhunderts hinaus - bei der "singenden Schule",      

Ohne besonderen Hinweis ist immer von der Volksschule (und deren Vorläufern)

 bzw. Grund- und Hauptschule die Rede.


die allenfalls die vokale Grundlage für weiterführende instrumentale Studien vermitteln konnte. Daß die tatsächliche Beschränkung auf das Singen auch jeden Wunsch nach dem Musikinstrument ideologisch hinwegargumentieren mußte, ist kaum verwunderlich.

In diesem Zusammenhang sei an Hans Georg Nägeli, den Verfasser der ersten "methodologischen Gesangbildungslehre" erinnert, der vor allen als einer der Stammväter der "singenden Schule" des 19. Jahrhunderts gilt. Nägeli ging es aber eben nicht um die für den Rest des Jahrhunderts vorherrschende "volkstümliche Bildung" mit Kirchen-, Volks- und vaterländischem Lied. Er hatte vielmehr die Musik als Kunst im Sinn, die vorerst allerdings nur sehr einseitig vokal zu vermitteln war.

Nägeli träumte von einer musikalischen Bildung in ihrer natürlichen Vollständigkeit, also auch vom instrumentalen Bereich. Demnach soll [das Kind] ebensowohl spielen, als singen lernen. Überraschend ist, welches Instrument Nägeli vorschlägt: Diese Frage beantworte ich scheinbar einseitig: Es müssen Alle Klavier lernen.

Hans Georg Nägeli, Vorlesungen über Musik, Stuttgart u. Tübingen 1826, Repr. Hildesheim 1980, 245f.

Nägeli hält ausklingende Instrumente, wie Klavier, Harfe und Guitarre, für grundsätzlich geeignet. DieGuitarre scheidet "wegen ihrer großen Beschränktheit" (als Begleitinstrument) aus, die Harfe wegen der auflange Sicht nicht ausreichenden Literatur. Hingegen bieten sich dem Klavierspieler so unerschöpflicheKunstschätze dar, daß das Klavier schon deßwegen, wenn es auch nicht das vollkommenste Instrumentwäre, zur Erlernung das empfehlenswertheste bliebe.


Wir wissen, daß im 19. Jahrhundert der geigenbogenschwingende Lehrer zum Wahrzeichen deutschen Schulmusikunterichts wurde - und daß um die Jahrhundertwende die volkstümliche Bildung in einer "singenden Schule" endgültig festgeschrie-


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