- 286 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Aber das Programm könne beim Produzieren eines Stückes behilflich sein, wobei die Frage entsteht, wer hier urheberrechtlichen Schutz für das entstandene Stück beanspruchen darf: der Schöpfer des Programms oder der Schöpfer des mit Hilfe des Programms entstandenen Stücks.

Den Anspruch des Software-Programmierers wies Kristian Schulze zurück: Der stellt ja nur ein Gerüst zur Verfügung, und das ist meiner Meinung nach noch keine kreative Leistung, sondern nur die Bereitstellung eines Baukastens. Ähnlich fragte auch der Jurist Gernot Schulze, inwieweit einzelne Bausteine Schutz beanspruchen dürften, wenn dieser Baustein sich auf einen einzelnen Ton reduziert: Ist denn dieser einzelne Ton marktwirtschaftlich tatsächlich so verwertbar, daß er den Erschaffer dieses einzelnen Tons oder den Darbieter dieses Tons tatsächlich empfindlich stören kann?

Als ein weiteres Problembeispiel nannte Christian Bruhn MIDI-Playbacks von Stücken, zu denen die Hauptmelodie dann neu gesungen oder gespielt werden kann. In dem Moment, wo der originale Titel der Stücke genannt sei, handele es sich um das schützenswerte Originalstück - falls man die Playbacks nur mit A1, A2, A3 usw. bezeichnen würde, seien sie nicht zu verkaufen.



Juristische Orientierungen


Der Jurist Christoph Engel unterschied in seinem Statement zunächst zwischen einem Urheberrecht aus ökonomischer und aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht.

Ein Urheberrecht aus ökonomischer Sicht müsse es geben, damit ein mit hohem Aufwand geschaffenes Werk nicht einfach kopiert vermarktet werden kann. Wenn wir keinen Urheberrechtsschutz mehr hätten, gäbe es keinen ausreichenden Anreiz, daß überhaupt urheberrechtlich geschützte Werke geschaffen werden, jedenfalls keine ökonomischen Anreize. Damit würde das Wichtigste, was der Markt leisten soll, nämlich der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, nicht mehr funktionieren.

Deshalb seien Verfügungsrechte geschaffen worden; der Schöpfer eines Werkes bekomme ein Monopolrecht, mit dessen Hilfe er sich den ökonomischen Nutzen aus seiner geistigen Leistung sichern könne. Im deutschen Recht gelte die weltweit längste urheberrechtliche Schutzdauer, nämlich bis 70 Jahre nach dem Tode des Komponisten. Dem Interesse an billigen Nachahmerprodukten sei dadurch eine starke Beschränkung auferlegt. Ein Urheberrecht aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht müsse es geben, damit der Schöpfer nicht gezwungen werden solle, sein Werk freizugeben, und damit es vor Mißbrauch geschützt ist.

Obwohl der Jurist mehrmals gegen die Schlager- und Popmusik in der Weise polemisierte, daß er ihre kreative geistige Leistung, die einen urheberrechtlichen Schutz verdienen könnte, diskreditierte, ging er doch auf die Problematik des Sounds ein, der diese Musik wesentlich prägt: Die Frage ist, ob es angemessen sein kann, daß die Rechtsordnung Monopolrechte auf Instrumente gibt, oder ob hier nicht der Allge-


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