Die musikalische Gestalt, als die sich die fünftönige Melodie in Abhängigkeit vom musikalischen Zeitverlauf darstellt, ist so unterschiedlich, daß besonders für Agogik sensible Hörer kaum glauben können, jedesmal - physikalisch-akustisch gesehen - dieselbe Tonfolge gehört zu haben. Hört man nach einer begleiteten Aufführung die Melodie noch einmal unbegleitet, faßt man sie in der Regel ebenso auf, wie man sie gerade begleitet gehört hat, was deutlich macht, wie stark die subjektive Voreinstellung auf die rhythmische Auffassung wirkt. Auch wird dadurch deutlich, daß es eine rein auf physikalischen Zeitverhältnissen basierende Rhythmuswahrnehmung nicht gibt. Verschiedene Hörbeispiele sind auf der beiliegenden Compact Disk enthalten. Klangbeispiel online: 5tönige Melodie Klangbeispiel online: Schumann Kreisleriana Klangbeispiel online: Struktur der rationalen Zahlen
Das Problem ist also umrissen: die Daten unserer fünf kleinen Tonbeispiele sollen so dargestellt werden, daß die Wirkung der musikalischen Zeit aus der Graphik deutlich wird. Wir wollen uns zunächst die physikalischen Zeitverhältnisse unserer kurzen Melodie ansehen. Ein von mir geschriebenes Programm bringt die MIDI-Daten in folgende leicht verständliche Form:
Links stehen die Tonnamen g, f, eb (es), d, c jeweils eingestrichen, wobei der Ton angeschlagen wird, wenn der Tonname linksbündig erscheint, während er aufgehoben wird, wenn der Tonname in der linken Spalte rechtsbündig erscheint. Zwischen einem Punkt und einem Doppelkreuz, die nur als Trennungszeichen fungieren, steht der Zeitabstand von einer Aktion zur nächsten in Sekunden mit vier Nachkommastellen. Da in dem hier gewählten Beispiel hinter jedem Tastenaufhebungsbefehl der Zeitwert "0,0000" steht, erfolgt die Aufhebung genau gleichzeitig mit dem jeweils folgenden Anschlag. Die Zeitwerte, die bei den Anschlagswerten vermerkt sind - 1,0000 nach g1, 0,7071 nach f1, 0,7071 nach eb1 und 1,0000 nach d1 - entsprechen daher genau dem Zeitabstand zwischen den Anschlägen. Der letzte Ton hat die Dauer von 2 Sekunden, während der erste und vierte Ton jeweils eine Sekunde, der zweite und dritte jedoch 0,7071 Sekunden dauern. 0,7071 ist gleich ½ oder das geometrische Mittel aus ½ und 1, so daß sich der zweite Ton für die Perzeption gerade in der Mitte |