- 228 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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während einer Instrumentalunterrichtsstunde zwischen dem Schüler und dem Lehrer herrscht. Stehen sich Schüler und Lehrer gegenüber, kann ein Trompetenlehrer, da er überhaupt nicht das hört, was sein Schüler bei seinem Spiel hört, diesem Schüler auch keine relevanten Tips zur Verbesserung des Tons geben. Vielmehr wird er eventuell auch mit Befriedigung feststellen, daß sein eigener Ton in jedem Fall der allerbeste ist und seine Schüler ihn in ihrer Kunst nie übertreffen werden können. Dieses Mißverständnis läßt sich nur dadurch aufheben, daß Schüler und Lehrer direkt nebeneinanderstehen und so der Lehrer wenigstens ansatzweise die Möglichkeit erhält, den Klang so zu hören, wie ihn sein Schüler gemeint hat.

In diesem Zusammenhang steht eine weitere Idee zur Automatisierung des Instrumentalunterrichts, oder - etwas menschlicher oder abgeschwächter gesagt -, eine Idee, die das tägliche Üben etwas effektiver gestalten könnte. Man schreibe ein Computerprogramm für einen mit einem AD-Wandler und einem Signalprozessor ausgestatteten Rechner, der über ein Mikrophon in der Nähe des Ohrs des Instrumentalisten den Klang, den der Schüler an seinem Ohr hört, aufnimmt, analysiert und mit gespeicherten Klangspektren vergleicht, und zu dessen Verbesserung jeweils eine Anweisung zugeordnet ist, die der Schüler dann entweder auf dem Bildschirm lesen oder über ein Sprachausgabemodul und Lautsprecher hören kann.

Eine weitere - ernsthaftere - Konsequenz ist zu ziehen in der Aufnahmetechnik. Wie oben bereits angesprochen, ist es unter Tonmeistern bekannt und wird billigend in Kauf genommen, daß es Instrumentalisten gibt, die mit dem Klang des Instruments, wie sie ihn in der Aufnahme hören, nicht zufrieden sind.

Sich besonders pfiffig vorkommende Tonmeister kennen zum Beispiel den Trick, ein Horn mit einem hinter dem Hornisten aufgestellten Mikrophon aufzunehmen. Diese Aufnahmeposition, die ja eine Aufnahmeposition vor dem Becher des Instruments ist, scheint schon besser zu sein als die frontale, es kann jedoch damit nicht das erreicht werden, was mit einer Aufnahme am Ohr des Instrumentalisten erreicht werden kann: nämlich ein für den Instrumentalisten absolut authentischer Klang.

Es wäre interessant, wenn die Stützmikrophone, die bei Aufnahmen mit größeren Klangkörpern verwendet werden, einmal in die Nähe der Ohren der Instrumentalisten gebracht würden, um dort die Klangfarbe aufzunehmen, die der einzelne Instrumentalist wirklich meint. Das entstehende Klangbild wird zwar nicht dem Klangbild entsprechen, das ein Zuhörer im Publikum hätte, das allerdings ist bei der heute so beliebten Polymikrophonie sowieso schon nicht mehr angestrebt; es ist jedoch anzunehmen, daß der Klang des Orchesters subjektiv besser sein wird.

Auch bieten sich solche Aufnahmen zur Nachbearbeitung mit dem Spektraldynamikprozessor an, der 1986 von Fricke vorgestellt wurde. Dieses Gerät ist in der Lage, durch Berücksichtigung der Klangfarbengesetze Musikinstrumente in der bereits bestehenden Aufnahme hervorzuholen oder abzuschwächen, indem nur die für dieses Instrument geltenden Formanten verstärkt oder abgeschwächt werden.


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