- 224 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Durch zwei Gesetze läßt sich die Abhängigkeit der Formanten von der gespielten Lautstärke beschreiben: durch das akustische Verschiebungsgesetz sowie das akustische Sprunggesetz. Das Verschiebungsgesetz besagt, daß sich bei steigender Lautstärke neben einer stärkeren Betonung der höheren Partialtöne das Maximum innerhalb der Formanten auf höhere Partialtöne verschiebt, das akustische Sprunggesetz, daß der stärkste Partialton, der sich bei leisen Klängen im tieferen Formantbereich befindet, bei sehr lauten Klängen in den nächst höheren Formantbereich springt.

Diese lassen sich durch Vergleich von Klängen in verschiedenen Dynamikgraden darstellen. In Abbildung 5 und Abbildung 6 ist je ein Klang in den drei verschiedenen Dynamikgraden pp, mf und ff dargestellt.

Es ist sehr deutlich zu erkennen, daß in den am Ohr aufgenommenen Klängen die Energie mit steigender Dynamik sich von den niedrigeren zu den höheren Formanten verschiebt, im piano der Formant um 500 Hz der stärkste, im fortissimo der Formant um 1600 Hz der stärkste ist.

Klänge, bei denen die Formanten weniger stark ausgeprägt sind, sind solche, bei denen der Musiker die Tonhöhe regulieren muß, die gespielt werden, wenn der Musiker erschöpft ist, sowie solche, die auf dem Instrument nicht gut funktionieren. Diese Unterschiede sind in den Klangspektren, die am Ohr des Musikers aufgenommen werden, sehr leicht, in denen, die in der Hauptabstrahlrichtung aufgenommen werden, in der Regel gar nicht oder nur sehr schwer zu erkennen.

Auf den Klangeindruck des Zuhörers im Publikum wirken sich diese im reflexionsarmen Raum besonders am Ohr des Musikers, aber nicht in der Hauptabstrahlrichtung zu registrierenden Unterschiede ebenfalls aus, da dieser, wie bereits erwähnt, nicht nur die Klanganteile hört, die das Instrument in die Hauptabstrahlrichtung abstrahlt, sondern über Raumreflexionen auch diejenigen Schallanteile zu hören bekommt, die in andere Richtungen, in diesem Falle formanthaltigere Richtungen, abgestrahlt werden.

Hieraus wird dann auch deutlich, daß die Qualität von Musikern u.a. darin bestehen muß, daß die besseren stärker ausgeprägte Formanten zu produzieren in der Lage sind, die, auch wenn sie in der Richtung der Ohren der Musiker besonders gut zu erfassen sind, sich auch auf das Schallfeld auswirken, das den Zuhörer im Konzertsaal erreicht.

Diese hier nachgewiesenen Formanten sind die Grundlage für ein Erklärungsmodell, das das Phänomen der Durchhörbarkeit der Musikinstrumente im Orchesterklang beschreibt. Die Formanten, die für jedes Musikinstrument eine charakteristische Lage haben, einen für sie reservierten Frequenzbereich beanspruchen, ermöglichen es, daß aus dem Klanggemisch eines Orchesterklangs einzelne Instrumentengruppen heraushörbar sind.     

Jobst Peter Fricke, Zur Anwendung digitaler Filter bei Aufnahme und Wiedergabe,

 in: Bericht über die 14. Tonmeistertagung, München 1986, S. 135-148.


Der Wahrnehmungsapparat hat die charakteristischen Frequenzbereiche gelernt, er weiß, wo die Formanten für das jeweilige Musikinstrument zu finden sind, und kann


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