- 206 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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3.2 Temporale Strukturierung durch "Schwankungserscheinungen"


Über die Art und Weise der zeitlichen Strukturierung vermittelt der im Berichtsband der KlangArt-Kongreßvorträge 1991 dargestellte Geigenklang ein anschauliches Bild.     

Jobst Peter Fricke, a.a. O., S. 184, Abb. 8 und 9, in: Neue Musiktechnologie, hrsg. von Bernd Enders und Stefan Hanheide, Mainz 1993


Er wurde mit Vibrato gespielt, wie man an der Wiederholungsperiode, die etwa 43 Schwingungen umfaßt und sich auch in einer Amplitudenmodulation ausdrückt, sehen kann. Damit wird nun der andere Aspekt dafür, daß ein Klang angenehm klingt und "musikalisch" und nicht steril oder synthetisch, vorgestellt. Es ist die Belebung durch das Instationäre.

Nun, dieser Ton ist durch Vibrato schon ein bißchen instationär gemacht worden; aber zusätzlich zu der Schwankung der Lautstärke sieht man noch eine Innenstruktur, in der sich zeigt, daß sich wirklich von Schwingung zu Schwingung das gesamte Bild verändert.

Die Schwingungen sind in dem ersten Bild so dicht zusammengedrängt, daß man die Innenstruktur nur in Umrissen erkennt. Wie kompliziert der Ablauf im Inneren aber ist, kann man im einzelnen jedoch kaum sehen. Daß sich tatsächlich von Schwingung zu Schwingung die Form verändert, wird an dem anderen Bild deutlich, in dem die Schwingungen wie in Zeitlupe auseinandergezogen sind. Wenn man hier einmal auf eine der kleinen Schwingungsauslenkungen achtet, die der großen Schwingung überlagert sind, stellt man Verschiebungen von Periode zu Periode fest, auch treten sie an verschiedenen Stellen unterschiedlich stark hervor.

Im Bild der Überlagerung aller vorhandenen Teiltöne zu einer gemeinsamen Gesamtschwingung bedeutet das, daß die Teiltöne in der Art, wie sie zusammenwirken, in ständiger Bewegung sind. Ein solches Phänomen könnte man dann mit Recht eine Klangfarbenmodulation nennen.

Diese innere Bewegung, auch Schwankungserscheinung genannt,

Fritz Winckel, Phänomene des musikalischen Hörens. Berlin 1960, S. 138


ist für den Höreindruck so wesentlich, daß vom Beginn elektronischer Klangerzeugung an mit mehr oder weniger Erfolg versucht wurde, den Klang mit Schwankungserscheinungen anzureichern. Zunächst war es nur ein Frequenzvibrato, wie das der Hammond-Orgel, dann versuchte man mit Leslie-Lautsprechern und Kathedraleffekt, dem Klang nichtstationäre Anteile hinzuzufügen. String-vox war ein typisches Beispiel für einen Klang mit innerer Bewegung, der durch statistische Schwankungen mit Hilfe von Rauschgeneratoren erreicht wird, die den Zustand imitieren, der aus einer großen Anzahl einander überlagerter Schwingungen geringfügig verschiedener Frequenz resultiert.

Diese innere Bewegung - auch an einem einzelnen Ton - ist also eine Notwendigkeit, die nicht diskutiert zu werden braucht. Die Frage ist nur, wie man sie am elegan-


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