- 91 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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tasie und das Gefühl das wirklich Entscheidende bleibt – zu einer spannenden neuen Wirklichkeit werden. 1993 habe ich das erste weltweite Satellitenkonzert realisiert. Es fand im Rahmen der Leichtathletikweltmeisterschaft in Stuttgart statt. Wir hatten Musiker in Brasilien, Australien, Ägypten, Indonesien und in Stuttgart. Wir spielten live über Satellit zusammen und übertrugen dieses Konzert direkt in 108 Länder. Der Titel dieses Unternehmens war „Harmonia Mundi“ – Harmonie der Welt. Diese Möglichkeit, weltweit zusammen zu musizieren, diese Gleichzeitigkeit war für alle Beteiligten eine äußerst spannende Sache, für die Satellitentechniker dagegen eine fast nicht realisierbare Aufgabe. Gott sei dank klappte dieses Experiment.

Heute würde man sagen, daß wir, die wir in Stuttgart waren, das Zentrum dieser Satellitenübertragung darstellten, wir der Server waren, der Verteiler, der die einlaufenden Stimmen zu einer Partitur, zu einem Werk zusammensetzte. Denn bei uns liefen alle musikalischen Ereignisse zusammen, um sie in 0.25 Zeitverschiebung in alle Kontinente wieder zurück zu übertragen.

Wie viel leichter wird einem Musiker heute durch das MP3-File-Format oder dem MPEG-Verfahren (Motion Picture Expert Group) solch ein Experiment ermöglicht. Die Erweiterung des Cubase-Sequenzers, das Datenkompressionsverfahren des Fraunhofer Instituts, die von RES-Rocket in San Francisco entwickelte Software, auf deren Basis Cubase Audiofiles hin und her geschickt werden können, all das bildet ein neues, aufregendes Podium, läßt neue Formen des Zusammenspiels zu. So kann die Global Music langsam zur Wirklichkeit werden. Allerdings ist im Internet diese Gleichzeitigkeit, die wir in Stuttgart praktizierten, meines Wissens noch nicht möglich.

Anfang dieses Jahres veranstaltete die Firma Steinberg ein Internet-Konzert. Ich selbst war in Los Angeles auf der Musikmesse und konnte mir ein unmittelbares Bild von diesem Ereignis machen. Ich glaube, der Ansatz war richtig, doch gab es für den Hörer oder User/ Internet-Betrachter noch keinen rechten Einstieg. Musiker allerdings, die an diesem Konzert teilnahmen, erzählten mir später von dem „Thrill“, an diesem Ereignis teilgenommen zu haben. In Wirklichkeit aber blieb es nach meinem Dafürhalten bei einer Studiosession, wo sich die Musiker an unterschiedlichen Orten befanden, aber ganz klassisch einer nach dem anderen seinen Part aufnahm.

Denn das Problem vieler Musiker, die mit Internet arbeiten, besteht darin, daß ihre Arbeit doch sehr isoliert stattfindet, daß der Kommunikationsfaktor sich allein über das Netz darstellt und nicht über direkte unmittelbare Begegnung. Den Weg aus dieser Studioisolation zu finden, ist die zentrale und für mich entscheidende Frage für die Musik im Internet.

Die Bühne der Zukunft, dieser Weltinnenraum, kann verglichen werden mit unserem Gehirn – linke Hälfte Ratio – rechte Hälfte für das Gefühl. Denn hier wird uns diese Vernetzung exemplarisch vorgeführt, das Ineinandergreifen von Emotion und Ratio. Genau dieser Vorgang muß die Basis für diese neue Wirklichkeit im Internet bilden. Die Musik muß die Einheit bilden, immer sie selbst sein. Die Nutzung des Internet dagegen ist mannigfaltig, verstreut in Zeit und Raum, ist verschiedenen und dauernden Veränderungen unterworfen. Denn nur dem Anschein nach liegt in diesem Global Village die Wirklichkeit. Die eigentliche Wirklichkeit bleibt die Mu-


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