- 339 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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handelt, sondern der kontrollierte Klang gleichzeitig räumlich verändert und bewegt wird, intensiviert zusätzlich die musikalische Aussage. Neue Technologie wird zum gleichberechtigten Partner unseres mechanischen oder vokalen Instrumentariums, übernimmt eine feste funktionale Aufgabe innerhalb eines, ich möchte sagen, mehr traditionsgebundenen Kompositionsstils.

Ich möchte noch ein zweites Beispiel aus diesem Werk Luigi Nonos anfügen.

Im weiteren Verlauf des eben besprochenen Satzes geht Nono mit der Gatesteuerung noch einen Schritt weiter. Die beiden Instrumentalisten legen ihre Instrumente (Baßflöte und Cello) zur Seite und nehmen dafür ihr Mikrofon in die Hand (Abb. 9).

In genau definierten dynamischen Hüllkurven müssen sie stimmhaft blasen und dabei natürlich ebenfalls das Mikrofon vor und zu ihrem Mund bewegen, damit das originale Blasgeräusch bei einer vorgeschriebenen Dynamik von sempre fünffaches Pianissimo nicht zu laut wird. Damit trennt der Komponist die Aufgaben für die Interpreten in das Spielen ihres Instrumentes und das Spielen mit dem Mikrofon. In diesem Beispiel reagiert die Steuerung der Gates noch präziser, dem Musiker liegen genau eingezeichnete Hüllkurven vor. Und was wird gesteuert? Der Flötist kontrolliert das Tempo einer Raumklangbewegung, die Cellistin, in unserem Falle Francis Uiti, die Aufschaltung einer Verzögerung von zwei Sekunden. Alle diese Gatesteuerungen haben insofern und im Gegensatz zur externen, zentralen Computerkontrolle für den Komponisten den Vorteil, daß sie von Musikern gleichzeitig gehört und durchgeführt werden, also nicht von Technikern oder Informatikern. Ich möchte damit keineswegs das Können der Damen und Herren der Technik schmälern. Es ist einfach eine Frage der Qualität einer musikalischen Interpretation, die praktischen Erfahrungen des Musikers, die einem Nichtmusiker nicht zumutbar sind. Auch ich habe nach meinen anfänglich erwähnten technischen Bastelarbeiten sehr bald gelernt, daß zum Bau eines professionellen technischen Gerätes meine Kenntnisse als Musiker am Ende waren. Was mir aber geblieben ist, sind das Wissen um funktionale Zusammenhänge der modernen Technologie und die Grundlagen der Schwingungslehre, der Akustik. Diese Grundlagen sollten heute in eine moderne Instrumentenkunde einer Musikhochschule einbezogen sein. Und an dieser Stelle möchte ich gerade nochmals auch auf die Bedienungsfähigkeit der neuen Geräte zur Klangsteuerung, Klangbewegung und Klangerweiterung, zum Computer zurückkommen. Luigi Nono war kein Informatiker, kein Techniker, aber er hat aufgrund der speziellen Bauweise der Geräte des Experimentalstudios die klanglichen Möglichkeiten und die Bedienbarkeit ihre technischen Funktionen verstanden; er konnte ihre Arbeitsweise und ihr musikalisches Klangergebnis in der dreidimensionalen Analyse auf einem Bildschirm ablesen und selbst manuell modifizieren, wobei das Erhören der neuen Klangelemente für ihn die Hauptaufgabe war, ja, den Anfang eines neuen kompositorischen Prozesses im Freiburger Studio anzeigte. So stand seine Arbeit mit der Live-Elektronik immer unter dem Leitgedanken: ,Laßt uns versuchen und hören‘.

In Abbildung 10 sehen wir das Halaphon, ein Instrument zur Steuerung einer universalen Klangbewegung. In der Bildschirmeinstellung ist gerade der dynamische Zustand der sechzehn Einzelkanäle für eine Anlage mit 16 Lautsprechern abzulesen. Darunter stehen zum Programmieren 16 Funktionstasten und ein numerisches Tastenfeld – übersichtlich und sehr einfach zu bedienen – zur Verfügung.


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