- 233 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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durch den kontinuierlichen Übergang der klanglichen Eigenschaften vom Ausgangsklang zum Zielklang. Hier wird diese Technik beim Übergang von rhythmischen Strukturen aus Schrittgeräuschen zu Herzschlägen verwendet. Musikalischer Höhepunkt dieses Abschnittes ist die geräuschvolle Entladung perkussiver Klangstrukturen nach einem längeren Accelerando, bei welcher die gesamte akustische Größe des Raumes spürbar wird.

Klangbeispiel 2

Der folgende Abschnitt von SALZBURGTRUM zählt – im Gegensatz zu den vorherigen Teilen – nicht zum touristischen Pflichtprogramm in Salzburg, obwohl auch er sich – so wurde mir von Inhaberseite versichert – internationaler Beliebtheit erfreut. Die Rede ist vom Gasthof Sonnleitn auf dem Gaisberg, von dessen Terrasse man einen einmaligen Blick über die Stadt Salzburg genießen kann. Doch nicht der Blick war entscheidend für die Auswahl dieser Örtlichkeit, sondern ein eher bizarres akustisches Detail. Die Terrasse des Gasthofes verfügt über eine elektrisch ausfahrbare Sonnenschutz-Markise, die dabei so interessante Geräusche von sich gibt, daß man sie schon fast selbst zu den Attraktionen dieses Ortes zählen kann. Die Geräusche der Markise setzen sich aus zwei Elementen zusammen: einem zum Teil mehrstimmigen metallischen Quietschen, welches entsprechenden Streicher-Flageoletts zum verwechseln ähnlich ist, sowie kurzen trockenen Schlägen in unregelmäßigen Abständen, die wahrscheinlich durch mangelnde Ölversorgung der Ausrollmechanik bedingt werden. Ich muß gestehen, selten eine so eigenwillige Geräuschkulisse wahrgenommen zu haben, und fühlte mich dadurch massiv musikalisch herausgefordert.

Diese beiden Elemente der Originaltonebene wurden jeweils separat elektronisch bearbeitet. Aus den Flageoletts entstanden korrespondierende harmonische Schichtungen, die Schläge wurden rhythmisch akzentuiert und für die Erzeugung einer lang andauernden Verdichtung des Materials verwendet.

Klangbeispiel 3

Aus dramaturgischen Gründen gibt es einen nahtlosen Übergang zwischen den Abschnitten 4 und 5, d. h. der Gasthof Sonnleitn-Teil mündet direkt in den Beginn des Abschnittes Festspielhaus. Diese Örtlichkeit als Hauptveranstaltungsort der Salzburger Festspiele verkörpert sicherlich so etwas wie das künstlerische Zentrum der Stadt. Gemeinsames Merkmal dort stattfindender Aufführungen ist – in der Regel zumindest – der Applaus am Ende der Darbietung. Dort ist er einerseits Teil einer ritualisierten Handlungsweise, andererseits aber auch eine interessante Klangquelle, die – eine entsprechende Anzahl von Applaudierenden vorausgesetzt – ihre akustische Nähe zu weißem Rauschen nicht verleugnen kann. Rauschen als Symbol steht aber seinerseits wiederum für Nichtinformation, für kulturelle Bedeutungslosigkeit. Nun war aber – neben dem Sinuston – gerade Rauschen im Rahmen der elektronischen Musik der 50er Jahre ein bevorzugter Baustein zur Erzeugung komplexer Klangspektren.

In eben dieser Weise wird der zu Beginn des fünften Abschnittes von SALZBURGTRUM artikulierte stürmische Applaus zum klanglichen Ausgangsmaterial für diesen Teil und den nächsten Teil mit dem Titel Felsenreitschule. Diese


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