- 22 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Hier in Deutschland hatten wir vor noch nicht allzu langer Zeit ebenfalls ein weltliches Regime, welches das Hören von nichtkonformer Musik als Verweichlichung und Abweichung vom Ideal unter Strafe stellte und ächtete, wobei die Auswirkungen solcher ästhetischer Zwangsrichtlinien auch heute noch in manchen Kunstdiskussionen zu spüren sind.

Versuchen wir einmal, Elemente einer Global Music zu skizzieren. Von unserem westlichen Standpunkt aus können wir zunächst – wenn man will, mit einem gewissen Stolz – unsere abendländische Kunstmusik nennen, die wie ein dünnes filigranes Netz weltweit überall zu finden ist, wo die sogenannte westliche Kultur ihren Einfluß hinterlassen hat. Eine Kunstform, die für die Kenner dieser Form einen nichtsprachlichen Metacode darstellt, über den eine sprachliche Kommunikation möglich ist. Ein Grönländer kann mit einem Südamerikaner, mit einem Russen, mit einem Franzosen, mit einem . . .  usw. über die Musikwerke eines Bachs, Mozarts, Beethovens, Chopins, . . .  Mahlers, Strawinskys und so fort einen gemeinsamen, die jeweilige nationale Kultur übergreifenden Berührungspunkt finden. Dies beruht, und das wird oft übersehen, sehr stark darauf, daß diese Werke als herausragende „Kunstwerke“ in einer Geschichte verwurzelt, ja Teil dieser sind und so trotz ihrer akustischen Flüchtigkeit einen dauerhaften Untergrund bilden, ein Rhizom unter der Decke der Zeit sozusagen, von dem die einzelnen Interpretationen eines Werkes nur die unmittelbar hörbaren, wahrnehmbaren Phänomene sind.

Ähnliches kann man, mit einigen Einschränkungen, vom Bereich der Jazzmusik als einer Mixtur aus afrikanischen, amerikanischen und weiteren Ursprüngen sagen, obwohl hier natürlich von den vielen unterschiedlichen Stilen des Jazz manche auch auf kleinere Verbreitungsgebiete und -zeiten beschränkt blieben; gleichwohl wird doch der Besucher eines Jazz Clubs in Santiago de Chile, in Wladiwostok oder in Marseille sich in einem musikalisch vertrautem Umfeld wiederfinden können.

Eine andere Form von Musik, die sogenannte Pop-Rock-Musik, kann ebenfalls in Anspruch nehmen, weltweit oder fast weltweit präsent zu sein, und dies auch nicht begrenzt auf eine dünne Schicht von sogenannten gebildeten Menschen (gebildet im Sinne westlicher Bildung, ohne diesen Begriff jetzt näher ausführen zu wollen – Ver-, Aus-, Un-, Über-, bürgerliche, proletarische, humanistische Bildung . . . ? –), sondern eigentlich recht schichten- und bildungsunabhängig. Allerdings kann es passieren, daß zwei Liebhaber dieser Musik doch nicht recht zueinander finden können, denn die Vielzahl von untergeordneten Stilrichtungen innerhalb dieses Genres wie auch die (im Vergleich zur vorgenannten Kunstmusik) relative Schnellebigkeit, und auch die Tatsache, daß Einzelwerke in dieser enormen Zahl von Musikstücken und rasch wechselnden Hits nicht in ähnlicher Weise zum kulturellen Fixpunkt werden können, wie die in der vorgenannten bürgerlichen Kultur entstandenen Werke.

Allerdings ließe sich dem entgegenhalten, daß offenbar doch bestimmte Gruppen (die als reine Interpreten zu bezeichnen genauso falsch wäre wie ihre Bezeichnung als Autoren) sowie auch einzelne Musiker dieser Musik sich einen festen Platz in der (Pop-Rock-) Musikgeschichte errungen haben, wenn man an Namen wie die Beatles, Rolling Stones, Pink Floyd und viele andere (oder einzelne Musiker wie Presley, Zappa, Hendrix u. a.) denkt, die nach nunmehr dreißig, vierzig, teilweise fünfzig Jahren keineswegs vergessen sind, sondern durchaus präsent und zumindest für die entsprechende Generation von Menschen einen starken Bezugs- und


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