- 133 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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hergehen, z. B. Mono statt Stereo, während auf einer CD-ROM hochwertige HiFi-Wiedergabe kein Problem darstellt.

Andererseits dürfen bei Formatwandlungen die vollständigen Informationen des Originals nicht verlorengehen. Z. B. werden derzeit viele alte Tonbänder oder Schallplatten in den Rundfunkarchiven digital überspielt; dabei gehen gewisse Klangtypologien der analogen Datenträger verloren, z. T. gewollt, wenn z. B. neu entwickelte Denoiser, d.s. Softwareprodukte, die Rauschen oder Kratzergeräusche entfernen, eingesetzt werden, z. T. auch unbeabsichtigt, wenn unbeachtet bleibt, daß Digitalisierung nicht unbedingt die beste oder eine verbesserte Klangqualität bedeutet. Sogar die Übertragung einer alten Schellack-Scheibe in ein hochwertiges digitales Format kann gewisse, z. T. schwer auszumachende Verluste mit sich bringen. Der vom Deutschen Musikrat eingesetzte Bundesfachausschuß Musik und Medien hat z. B. von der Medienindustrie gefordert, daß bei der Neuarchivierung von Musikinfomationen lineare, d. h. möglichst die Originalqualität nicht reduzierende, Digitalisierungsverfahren angewendet werden sollten, um endgültige Verluste in der Klangqualität möglichst zu vermeiden.

Im Internet sind Informationen häufig nur sehr flüchtig abgelegt, Links werden dauernd geändert, Inhalte verschoben, modifiziert, gelöscht, aktualisiert, ausgewechselt usw. Zunehmend werden auch in wissenschaftlichen Abhandlungen Internet-Quellen angegeben, so daß ein späteres Verschwinden dieser Quelle natürlich äußerst ärgerlich ist.

Wenn wissenschaftliche Verläßlichkeit garantiert werden soll, müssen seriöse Organisationen, etwa Institute, Bibliotheken oder etablierte Verlage dahinterstehen und eine dauerhafte, stabile und dokumentierte Sicherung und Authentifizierung der Informationen gewährleisten.

Dies war im übrigen auch beim Buchdruck notwendig, ist also nicht unbedingt ein völlig neues Problem, wenn auch durch elektronische Übertragunsverfahren folgenschwere Verluste, Veränderungen und Verfälschungen der Informationen besonders leicht geschehen können.17

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Verena Lueken: „Gemeinhin gilt die Erfindung der Drucktechnik als jener Zeitpunkt, an dem das Buch aus einer weitgehend unzugänglichen, häufig fehlerhaften und damit unzuverlässigen Quelle zu einem unkorrumpierten, reproduzierbaren und also ein für allemal festgelegten, verbindlichen Text wurde. Adrian Johns widerlegt diesen Zusammenhang, in dem die Technik selbst als ein stabilisierendes Medium erscheint, und zeigt anhand der Geschichte der Druckereien in London, daß gerade die Drucktechnik jeder Art von Textmanipulation, Piraterie und Plagiatismus Tür und Tor öffnete. Die berühmtesten Wissenschaftler jener Jahre – Robert Hooke, Robert Boyle, Isaac Newton – verbrachten ebensoviel Zeit damit, ihre Werke unbeschadet durch die verschlungenen Pfade der Druckereien zu bringen, wie sie mit der Konstruktion von Luftpumpen oder Studien zur Schwerkraft zubrachten. Die Verbindlichkeit eines Textes entsprang laut Johns nicht der neuen Technologie. Sie entwickelte sich vielmehr langsam innerhalb des Kontextes, den die Drucktechnik schuf, mit neuen Gesetzen, die ein Eigentumsrecht an Texten festlegten und die Autorschaft schützten, und ist eng verbunden mit den institutionellen Stützen und Verbreitungsformen, die die wissenschaftliche Revolution sich gegeben hatte – Fachzeitschriften, Forschungsberichten, wissenschaftlichen Gesellschaften. Fast sieht es so aus, als seien die Strukturen der Wissenschaft vor allem als Strategien zur Ordnung des chaotischen, regellosen Druckereibetriebs errichtet worden.“


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