Auch der Walkman ist also ein Gerät, dem wir erlaubt haben, uns sehr eng an den
Körper zu rücken. Der Walkman mit seinen Kopfhörern befindet sich zwar
noch außerhalb des Körpers (Ohrhörer sind bereits innerhalb des Ohres), aber
die Wahrnehmung des Walkmans wird bereits beschrieben als ob das Gerät
ein Teil des Körpers wäre: »Der Walkman funktioniert nicht als Verlängerung
des Körpers (wie bei anderen Instrumenten der musica mobilis) sondern wie
ein eingebautes Teil oder – aufgrund seiner Intimität – wie eine eingepflanzte
Prothese.«124
Hosokawa, Shuhei: Der Walkman Effekt. Berlin 1987, S. 32
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Diese Beschreibung des Walkmans verweist ebenso wie die bisherige Beschreibung
des Handys auf den Topos des Cyborg. Der Begriff Cyborg wurde 1960 von
Manfred E. Clyne und Nathan S. Kline in der Geschichte »Cyborgs and Space«
geprägt.125
Wurde im »Cyborg Handbook« wiedergedruckt [vgl. Habels-Gray, Chris: Cyborg Handbook.
New York, 1995, S. 29 ff.]
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Sie beschrieben damit einen verbesserten Menschen, der in außerirdischer Umgebung
überleben kann, der also gerüstet ist, um ins All zu fliegen. Zuvor tauchte der Begriff
aber schon einmal auf: eine Labormaus in den 50er Jahren in New York trug diesen
Namen. Ihr wurde eine kleine osmotische Pumpe implantiert, durch die sie Medikamente
verabreicht bekam. Im Vergleich zu den unmodifizierten Artgenossen hatte diese Maus
etwas extra, etwas zusätzliches, das sie von allen normalen, natürlichen Mäusen
unterscheidet.126
Vgl. Habels-Gray, 1995, S. XI ff.
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Demnach besitzt ein Cyborg etwas zusätzliches, etwas extra. Der Mensch oder im
Prinzip alle Lebewesen werden im Cyborgdiskurs als defizitär und potentiell
verbesserungswürdig angesehen. Sie werden mit Technologie ausgestattet, um dies
wettzumachen. Ziel ist die Erweiterung der Fähigkeiten des defizitären Menschen, der
auf materielle Prothesen angewiesen ist. Nach und nach haben wir uns an immer mehr
Technologie in unserem Leben und besonders an und in unseren Körpern gewöhnt. Es
wird als völlig natürlich angesehen, sich einen digitalen Herzschrittmacher einsetzen zu
lassen, oder dass jedes Kind einen kleinen Computer in Form eines Mobiltelefons in der
Hosentasche trägt. Zukunftsvisionen, Science-Fiction-Szenarien, Cyberpunkliteratur und
Ähnliches lassen uns ›den Cyborg‹ immer als etwas sehr Fremdes, Unnatürliches,
Unmenschliches erscheinen. In Wahrheit sind wir alle schon lange Cyborgs, wie
Haraway127
Haraway beschreibt sogar die Erde als Cyborg. Vgl. Haraway, Donna: Die Neuerfindung der
Natur : Primaten, Cyborgs und Frauen. Frankfurt 1995
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betont. Handykünstler und Handymusiker rücken diese Thematik mit ihren
Werken in den Mittelpunkt unseres Interesses, spielen mit der Spannung,
die sich zwischen Körper und Technologie ergibt. So war diese Thematik
beispielsweise bei der Veranstaltung Intimate Technogies/ Dangerous
Zones128
zentral. Auch bei Kadoum sehen wir eine künstlerische und musikalische
Auseinandersetzung mit dem Spannungsverhältnis zwischen dem Körper und der ihm
immer näher rückenden Kommunikationstechnologie.
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