werden, deren
Klingeltöne den Klangvorrat des Werks bilden. Trotzdem hat der Großteil der
Teilnehmer mit dem Handy am Werk teilgenommen, weil die meisten nicht von zu Hause
aus angerufen haben, sondern entweder von der Vernissage oder einem anderen der
genannten Orte aus, an denen das Werk über Radio zu hören war und die Flyer
mit den Telefonnummern auslagen. Besitzer eines Handys mit eingebautem
Radio82
haben das für dieses Werk perfekte Ein- und Ausgabemedium, es wäre der Idealfall der
Partizipation an Wählt die Signale!. Damit könnte gleichzeitig durch Anrufen
aktiv musiziert und durch Radiohören mit dem gleichen Gerät die Radiomusik
konsumiert werden. In diesem Sinne ist die von Ligna gewählte Kombination der
Medien Radio und Handy auch eine mögliche künstlerische Lösung für die von
Brecht geforderte Interaktionsmöglichkeit mit dem zu seiner Zeit einkanaligen
Radio.
Kann Wählt die Signale! mit anderen Werken der Handymusik verglichen werden? Auf
den ersten Blick gibt es vor allem Ähnlichkeiten mit dem Werk Telephony. Auch dort
waren Handys in einer Galerie ausgestellt, die vom Publikum angerufen werden
konnten.83
Das Ergebnis konnte man sich aber nur vor Ort, neben den Telefonen stehend anhören,
was einen großen Unterschied zu Wählt die Signale! ausmacht, es gab keine
Kombination mit einem anderen Medium. Bei dem Werk Telephony von Jan
Thomson und Alison Craighead (London) waren an der Wand einer Londoner
Galerie 50 Handys in einer Reihe angebracht. Daneben war eine Liste mit den
Telefonnummern der Geräte. Die Telefone waren alle miteinander in einem Netzwerk
verbunden, in dem die Anrufe jeweils von einem zum nächsten Handy weitergeleitet
wurden.84
Jedes Gerät spielte bei einem Anruf ein paar Töne von Englands beliebtestem
Klingelton, um daraufhin weitere Mobiltelefone auszulösen, die weitere Töne der Melodie
spielten. So konnte ein einzelner Anruf eines Galeriebesuchers bis zu zwanzig klingelnde
Telefone verursachen und »with multiple callers, the exhibit was a cacophonic orchestra
and mobile of ring tones«. Viele Besucher fühlten sich unwohl unter diesen vielen laut
klingelnden Telefonen. »The mobile phone is such a phenomenon, such an important
part of our culture now, and with it you can choose a tune for yourself that represents
you, and it becomes so personalized,« erklärt die Künstlerin und fährt fort: »and by
mixing up ringtones the artist is mincing the meaning of identity through handheld
technology.«85
Auch zu Text.FM86
ergeben sich insofern Assoziationen, als das beide Werke mit Mobiltelefonen und Radio
arbeiten. Der Bezug zur Stadt und die Thematik öffentlich/privat ist bei beiden
gegeben (graffitiartiges Markieren mit privaten Botschaften versus verstreutes
gemeinsames Musizieren). Auch der Moment des Zufalls (Alleatorik) spielt bei
beiden Werken eine Rolle, die Künstler geben (mehr oder weniger)
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