Crescendo von Solist
und Orchester. Der genannte verstärkte Vibrationsalarm wird vom Solisten
ausgelöst, gleichzeitig werden immer mehr Telefone angerufen, bis die technisch
mögliche Höchstzahl von 60 gleichzeitig klingelnden Mobiltelefonen erreicht ist.
Dabei lösen sich laute und leise Klingeltöne ab und alle Handys werden reihum
angerufen. Am Ende klingeln innerhalb nur weniger Sekunden alle 200 Telefone der
Zuschauer.
Gibt es Werke aus der Musikgeschichte, mit denen man Dialtones vergleichen könnte?
Ähnliche Ideen findet man in György Ligetis Poeme symphonique for 100 metronoms
oder in Maurizio Kagels Eine Brise (a fleeting action for 111 cyclists). Laurie
Andersons concert for car horns aus dem Jahre 1972 ist ebenso wie die beiden
vorgenannten ein Beispiel dafür wie ein Gegenstand des Alltags, bei dem man
es als selbstverständlich hinnimmt, dass er Töne in die Umwelt abgibt, ins
Zentrum eines Werks gerückt wird. Das ist auch bei der Telesymphony der
Fall.42
Im Gegensatz dazu bildet aber in Levins Werk konventionelles melodisches Material den
Ausgangspunkt.43
5.3.3. Exkurs: Das Handy als Instrument
In Dialtones wird das Handy als Instrument verwendet. Zum einen gibt es das Ensemble,
dass mit je einem Instrument ausgestattet ist. Das Ensemble spielt aber nicht selbst auf
dem Instrument, sondern der Dirigent. Man könnte es auch so sehen, dass die Aufgabe
des Dirigenten, das Ensemble der Instrumentalisten zu leiten, hier so weit geht, dass er
die Instrumente selbst leitet. Die Besitzer der Instrumente sind eher schmückendes
Beiwerk, sie tragen während des Konzerts nicht aktiv zum Klang bei. Das Handy als
Instrument wird noch expliziter als Instrument eingesetzt, wenn es im zweiten
Satz der Telesymphony vom Solisten gespielt wird. Dabei hat er auf der Bühne
stehend vor sich zehn verstärkte Mobiltelefone liegen, auf denen er ›spielt‹.
Die produzierten Klänge sind dabei: Klingeltöne auf einem Handy als Test
abzuspielen (ohne dass dazu jemand anrufen müsste), das Piepsen beim Drücken
auf die Tasten des Gerätes, die beim Aufbau einer Verbindung auftretenden
Signale ebenso wie diejenigen, die den nicht möglichen Rufaufbau signalisieren.
Auch in den Äußerungen Levins wird der Gebrauch des Handys als Instrument
inszeniert, in dem er das traditionelle Vokabular des Instrumentalspiels auf diese
Handyperformance überträgt. Der Solist hat auf den Instrumenten »deeply
practiced«44
und beweist bei der »virtuosic real-time cellphone performance« Virtuosität auf dem
»visual-musical software instrument«.
Beim Social Mobile 345 wurde
der Gedanke das Handy als Instrument einzusetzen auf ganz
andere Art umgesetzt. Das Gerät ist Teil einer preisgekrönten
Reihe46
von Handyprototypen, die von der Designagentur ideo in Zusammenarbeit mit
dem
|