5.2.3. Klangkunst mit dem Telefon
In den etwa hundert Jahren zwischen der musikalischen Nutzung des Telefons in
seiner Frühzeit und der Handymusik heute wurde das Telefon nicht für Musik
genutzt.20
Ein Grund dafür könnte sein, dass das Telefon schon immer ein akustisches Medium war und
es deshalb zu naheliegend erschien das Telefon für Klangkunst zu nutzen und es eher reizte
das Telefon für nicht-akustisches zu zweckentfremden.
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Die Ausnahme bildet die Telekommunikationskunst der 70er und 80er Jahre,
in dessen Rahmen neue technische Möglichkeiten des Telefons wie etwa
die Konferenzschaltung oder Slow-Scan genutzt wurden, um über weite
Entfernungen miteinander musizieren zu können. In diesem Sinne sind die
Werke21
Im Jahr 1983 fand das Projekt Wiencouver IV statt, das seit 1979 mittels verschiedener
Medien – Mail Art, Telefax, Slowscan TV, Telefonmusik, Computer – »eine imaginäre Stadt,
die zwischen ihren beiden Polen Wien und Vancouver unsichtbar im Raum schwebt« zum
Leben erweckte. [Braun, Reinhard: Kunst zwischen Medien (IV). In: Springerin 2/99] Die
Welt in 24 Stunden fand am 27.09.1982 im Rahmen der Ars Electronica statt. Musiker
und Künstler aus 15 Städten wurden über moderne Kommunikationstechnologie mit Linz
verbunden. Sie waren jeweils für eine Stunde mit Linz verbunden, so dass insgesamt ein
endloser Dialog entstand. [Vgl. N. N.: Die Welt in 24 Stunden. In: Stadlmayr, Horst: Katalog
Ars Electronica 1982. Linz, 1982, S. 145 ff.] In der Tradition dieses Werks wurden auf der Ars
Electronica einige Projekte gezeigt, die der Telefonkunst zuzurechen sind: Horizontal Audio
im Jahr 1995 und radiotopia 2002. [Vgl. Huber, Rupert u.a.: radiotopia. In: Stocker, Gerfried
und Christine Schöpf (Hg.): unplugged. ars electronica 2002. Hatje/Cantz, 2002, S. 427]
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daher eher als
Vorläufer der Netzmusik22
Vgl. Exkurs zur Netzmusik in Kapitel 5.6.3
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als der Handymusik einzuordnen.
Als Beispiel für Telefonmusik sei hier ein Werk von Robert Adrian genannt. Im
folgenden Zitat wird dabei besonders die Ästhetik reduzierten Telefonklangs in
den Vordergrund gestellt, was an die mangelhafte und reduzierte Ästhetik der
Handyklingeltöne erinnert:
»Music played into the telephone is TELEPHONE MUSIC because, no matter
how rich and wonderful the music is when it goes into the telephone, when
it emerges a hundred, a thousand, ten thousand kilometers away it will be
telephone sound. The narrow band of frequencies available in the telephone
(the price of its cheapness and universal availability) means that everything
that goes into the telephone comes out as telephone sound. In a concert of
TELEPHONE MUSIC the instrument is the telephone itself.«23
Beim gleichnamigen Werk Telephone Music aus dem Jahr 1983 schlossen Künstler in Wien,
Budapest und Berlin ihr Telefon an Verstärker an und spielten sich etliche Stunden lang Live-Musik
zu.24
Adrian, Robert: Kunst und Telekommunikation. 1979-1986: Die Pionierzeit. In: Springer,
Bd. 1, Heft 1/1995, S.11
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Berlin und Budapest wurden von Wien (Standort des Sponsors) aus angerufen und jeder
Teilnehmer spielte 20 Minuten lang. Der Klang wurde in Wien empfangen und über eine
weitere Leitung zum jeweils dritten Partner übertragen. Die Klänge aus Wien
wurden über noch zwei weitere Leitungen direkt in die anderen beiden Städte
übertragen. Es entstand eine »3-way jam session as a kind of improvised telephone
conference«.25
Adrian, Robert: Kunst und Telekommunikation. 1979-1986: Die Pionierzeit. In: Springer,
Bd. 1, Heft 1/1995, S.11
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Das Telefon als universellstes, elektronisches Kommunikationsmedium
sollte benutzt werden, um einen
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