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| | | | Enders, Bernd / Hanheide, Stefan (Hrsg.)KlangArt-Kongreß 1991: Neue Musiktechnologie I Schott, 421 Seiten, zahlreiche Abbildungen, abstracts der Kongreßvorträge, Hardcover OnlineBook von eingescannter Vorlage Mainz 1993ISBN 3-7957-1867-8 (Buch) | |
Die neuen elektronischen und informationsverarbeitenden Technologien verändern teilweise
mit dramatischen Konsequenzen die gesamten Lebensbedingungen der modernen
Industriegesellschaft. Der digitale Computer als multifunktionale Supermaschine mit
einer kaum überschaubaren Anwendungsvielfalt wird das zentrale Arbeitsgerät und
Vermittlungsmedium der Zukunft sein.
Geradezu zwangsläufig werden auch die kulturellen Ausdrucksformen unserer modernen
Industriegesellschaft immer stärker von den sich in rasantem Tempo nach wie vor
weiterentwickelnden Techniken der Elektronik und Informatik geprägt.
Die instrumentaltechnischen Formen der Klangerzeugung, die zahlreichen Verfahren
der Klangänderung und Klangbeeinflussung sowie die spieltechnisch und künstlerisch
bedeutsamen Möglichkeiten der manuellen oder prozessualen Klangsteuerung werden
durch die Digitalelektronik funktional immens erweitert. Die vielseitig verwendbaren
Techniken der digitalen Klangspeicherung tragen ebenfalls dazu bei, die traditionellen
Zuordnungen von Instrumentenkonstruktion, Klangfarbe und Spieltechnik zu verwischen.
Jeder beliebige Klang, jedes Geräusch kann per Sound Sampler musikalisiert werden.
Aufgrund der neuartigen Wechselwirkungen von Musik und Technik werden auch neue
musikästhetische Eigengesetzlichkeiten hervorgerufen, deren wissenschaftliche Erfassung
und künstlerische Auslotung erst am Anfang steht. In den Mittelpunkt der Betrachtungen
rücken dabei vor allem die methodischen Ansätze der musikalischen Informatik. Denn
viele musikalische Prozesse lassen sich als Problem der Verarbeitung von musikalischen
Informationen beschreiben: am deutlichsten wird dieser Aspekt beim Musikcomputer,
der als Musikinstrument in Abhängigkeit von der Software theoretisch beliebige Klänge
durch Berechnung erzeugt, beliebige Klänge speichert oder zugeführte Klänge in
Abhängigkeit von ausgewählten Algorithmen transformiert. Für interaktive und
dialogorientierte Systeme, z.B. im Rahmen adaptiver und flexibler Musikprogramme
und computerunterstützter Musiklernsoftware, aber auch bei der Entwicklung
computergesteuerter dialogfähiger Instrumente, die zumindest ansatzweise als
musikalische Partner auftreten (Kl-Instrumente), spielen u.a. wissensbasierte
Musikanalysen (z.B. künstlich-intelligente Auswertung eingehender Musikdaten)
eine fundamentale Rolle.
Mit den Methoden und Erkenntnissen der Informatik verfügt der Musikwissenschaftler über
neue Forschungsstrategien bei der Lösung alter und neuer Fragen und Probleme seines
Fachs. Und die Vermutung ist keineswegs abwegig, daß eine noch junge Disziplin wie die
musikalische Informatik, die sich alten und neuen Fragen der Musikwissenschaft mit
ungewohnten Verfahren nähert, auch anderen Fachrichtungen wie z.B. den
Kognitionswissenschaften etwas mitzuteilen hat, da sie aufgrund der größeren Nähe
zur menschlichen Kreativität auf originäre Weise dazu beitragen könnte, den
Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Denkens und Handelns auf die Spur zu kommen.
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