- 110 -Wollermann, Tobias: Zur Musik in der "Drei Farben"-Trilogie von Krzysztof Kieslowski 
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um Musik im »on«, da sie nur zu den Einstellungen 408–413, eingesetzt wird. Betrachtet man den Einsatz der Musik zur ersten Show genauer, so fällt auf, dass die Einleitungstakte, der von den Streichern gespielte Bolerorhythmus, schon erklingen, als Valentine nach dem Baletttraining Wasser trinkt und einer Freundin oder Kollegin einen schönen Tag wünscht. Ähnlich verhält es sich am Schluss dieses Takes: Der letzte Akkord des Themas A klingt noch nach, als Valentine schon in ihrem Auto sitzt,119
119 Vgl. Einstellung 31
und noch bevor der Akkord gänzlich verklungen ist, setzt die Gitarre ein und spielt unbegleitet das Thema A. Somit wird hier die Musik, die zuvor im »on« erklang, zur Musik im »off«. Dasselbe Thema, das zuvor noch sehr anmutig und graziös-schwebend klingt, durch den ihm unterliegenden Bolerorhythmus aber trotzdem keine Kraft und Spannung vermissen lässt, wirkt nun, von der Gitarre gezupft, eher etwas kraftlos. Die später einsetzende, sehr warm klingende Klarinette verleiht dem Stück zusätzlich einen ruhigen und weichen Ausdruck. Bei dem Thema A handelt es sich in diesen beiden Fällen eindeutig um eine Paraphrasierung: Während der Modenschau lässt sie Valentine fast über den Laufsteg schweben und verklanglicht gleichzeitig ihre makellose Schönheit. Im Auto ist sie sichtlich erschöpft und massiert müde ihre Schläfen. Das zuvor zu Glanz und Glamour passende Thema klingt nun intimer, verkörpert aber immer noch Valentins »gutes Herz«. Die Musik passt eindeutig zu den Bildern, vermittelt Atmosphäre und Stimmung und wird hier in direkte Verbindung mit der Protagonistin gebracht.

Genau auf den Schnitt zur Einstellung 33, in der die Kamera mit dem Auto mitfährt und im rechten Bildrand das rot aufleuchtende Bremslicht zu sehen ist, setzt das Thema B ein, das erst verklingt, als Valentines Auto nicht mehr im Bild ist, Auguste die Bücher vom Boden aufhebt und dabei erstaunt die aufgeschlagene Seite betrachtet. Zum einen legt das die Vermutung nahe, dass Valentine diese Musik im Radio hört, aber auf der anderen Seite werden, durch das plötzliche Fehlen der Musik, die Einstellungen 36 und 37 akzentuiert. Im Film wurde die Pause, die an derselben Stelle im Soundtrack auch vorkommt, allerdings so verlängert, dass der nächste Einsatz (Thema B1) genau auf den Schnitt zur Einstellung 38 folgt. Hierbei bestätigt sich die Vermutung: es handelt sich eindeutig um Musik im »on«. Valentine hört die Musik im Radio, ist durch die Störung abgelenkt und fährt deshalb den Hund an, wobei der Aufprall genau an der Stelle zu hören ist, an der das Thema endet. Danach ist die Begleitung bzw. Überleitung zum nächsten Thema nur sehr leise im Hintergrund zu hören. Der O-Ton ist hier erheblich lauter als die Musik. Zur Einstellung 41 erklingen zu flirrenden, in Dissonanzen spielenden hohen Streichern einzelne Ausschnitte bzw. Phrasen des Themas B, abwechselnd gespielt von Gitarre, Klarinette und Oboe. Auch hier ist die Musik dem O-Ton untergeordnet.

Direkt anschließend an einige »Überleitungstakte« folgt das Thema A’, das nur von der Gitarre gespielt wird. Die Musik setzt genau mit dem Schnitt zur Einstellung 46 ein. Wie bereits festgestellt wurde, ist eine Ähnlichkeit mit dem Thema A, das u.a. auch von einer Gitarre gespielt wird, festzustellen. Auch hier paraphrasiert die Musik die Bilder: Valentine, »gut« wie sie ist, hat sich entschlossen, dem Tier zu helfen und es auf den Beifahrersitz gelegt. Als sie den Hund streichelt, entdeckt sie das Namensschild mit der Adresse und sucht die Straße auf einem


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