zu betrachten und bietet daher
auch eine Grundlage für die computergestützte Modellierung musikalischer
Prozesse.
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3.1.2. Gruppierung und Periodizität
Es herrscht unter Psychologen weitgehende Einigkeit darüber, daß die
auditive Rhythmuswahrnehmung von zwei Funktionen abhängt, von der
Gruppierung von Ereignissen, d.h. der Bildung rhythmischer Motive, und von
der Erkennung von Regelmäßigkeiten, d.h. eines Metrums. Allerdings wird die
Bedeutung dieser beiden Funktionen von verschiedenen Autoren unterschiedlich
eingeschätzt8
.
Fraisse spricht in diesem Zusammenhang von
Patterns of Time, d.h. metrischen
Periodizitäten, und
Patterns in Time, d.h. konkreten Ausprägungen von
Rhythmen.
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Die erkannten Muster werden zu größeren Sinneinheiten wie Phrasen oder Themen
strukturiert.
Für empirische Untersuchungen sind verschiedene Ansätze verfolgt worden. Das vom
Komponisten intendierte Metrum ist im allgemeinen in Form einer Taktart und
Tempobezeichnung vorgegeben und auch von der Wahrnehmungsseite, z.B. indem
Versuchspersonen beim Hören von Musik mitklopfen, relativ leicht empirisch zu
ermitteln. Allerdings werden bei empirischen Studien meist synthetische Hörbeispiele
statt musikalischer Werke verwendet. Dagegen ist die Gruppierung in der Musik häufig
nicht klar vorgegeben und auch empirisch schwieriger zu bestimmen, weil die
Segmentierung sich nicht unmittelbar meßbar äußert. Von Versuchspersonen wird meist
eine sprachliche Formulierung der wahrgenommenen Gruppierungen gefordert,
womit bereits eine bewußte Verarbeitung des Wahrgenommenen vorausgesetzt
wird.
3.1.3. Gestalt
Ein weiterer Gegenstand der Wahrnehmungspsychologie ist das Phänomen der Gestalt,
d.h. zusammengesetzter Einheiten der Wahrnehmung, wie etwa melodischer Figuren
oder optischer Formen, die als Ganzes wahrgenommen werden. Hier ist von Interesse, wie
verschiedene Reize zu einem wahrgenommenen Ganzen zusammengefügt werden. Gerade
bei Rhythmen zeigt sich, daß einzelne Noten wenig Informationen beinhalten. Erst die
Relationen mehrerer Noten zueinander machen eine musikalische Qualität aus. Diese
Qualitäten sind Gegenstand der Gestaltpsychologie. Seit Ende des neunzehnten
Jahrhunderts untersuchen Gestaltpsychologen, wie die Qualitäten dieser Relationen
beschaffen sind und welchen Regeln sie folgen. Das bekannte Wort von der
Übersummenhaftigkeit der Teile in der Gestalt ist gelegentlich auch so interpretiert
worden, daß das Übersummenhaftige sich nicht benennen oder erklären ließe.
Diese Art Metaphysik steht allerdings in deutlichem Widerspruch zu einem
naturwissenschaftlichen Ansatz, wie Eichert, Schmidt und Seifert zu Recht
kritisierten.10