Vor der Kamera ____________________________________ Unterstellte und reale Wirkungen von Videoaufzeichnungen auf den Lehrbetrieb Rainer Jacob, Vania Meier da Fonseca Universität Osnabrück, Zentrum für Informationsmanagement und virtuelle Lehre, Heger-Tor-Wall 12, 49074 Osnabrück. E-Mail: rjacob@uni-osnabrueck.de; vanmei-er@uni-osnabrueck.de Wie aus der Quantenphysik bekannt ist, beeinflusst der Akt der Beobachtung den Ablauf des Experiments. Dies gilt in zweifacher Hinsicht auch für die Beobachtung von Lehr-/Lernprozessen mit Kamera und Mikrofon: Zum einen werden hierdurch die aufgezeichneten Personen psychisch beeinflusst, da sie sich mit subjektiven Vor-stellungen über die Wirkungen der Aufzeichnung auseinander setzen und darauf-hin ihr Verhalten im Lehrbetrieb entsprechend anpassen (sog. Reaktivität1). Zum anderen schafft die Aufzeichnung auch de facto leicht veränderte Rahmenbedin-gungen für den Lehrbetrieb.Auf der Basis von Daten aus Interviews mit Lehrenden2 geht dieser Beitrag den subjektiven Annahmen im Vorfeld nach und stellt diese den real festgestellten Wir-kungen auf die Lehrpraxis gegenüber. Dieses Vorgehen soll zu einer realistischen Einschätzung der Wirkungen führen und kann Argumente für Beratungsgespräche mit Lehrenden liefern, die noch vom Mehrwert von Aufzeichnungen überzeugt werden wollen.1. Im Vorfeld unterstellte Wirkungen von Aufzeichnungen Wenn Lehrende mit der Idee konfrontiert werden, ihre Lehrveranstaltungen auf-zeichnen zu lassen, so reagieren sie darauf mit verschiedenen subjektiven Vorstel-lungen, die zumeist Befürchtungen sind. Diese können grob in folgende Gruppen eingeteilt werden:•Vorstellungen über die Wahrnehmung ihrer Person und Rolle •Vorstellungen über Veränderungen im Ablauf der Veranstaltung •Vorstellungen über möglichen Missbrauch des Materials