Die Übergänge der Entwicklung von einem popmusikalischen Stil zum nächsten sind
fließend. Poschardt notiert in seinem DJ-Culture-Buch die Schwierigkeit, Grenzen
zwischen Disco und House zu ziehen:
»Bis spätestens 1987 existierten Disco, Garage und House gleichzeitig. Für DJs wie
Tony Humphries, die seit Anfang der 80er Jahre den neuen Disco-Sound auflegten, sind
die Unterschiede irrelevant. Für ihn gibt es eigentlich keine House-Musik und
auch keine Disco-Musik, wie er in einem Radiointerview gestand, sondern nur
R&B20
20 Kurzform für Rhythm and Blues.
|
mit
Up-Beat-Tempo.«21
21 Poschardt. A.a.O., S. 238ff.
|
Im weiteren Verlauf beschreibt Poschardt das Ansinnen von DJs, alternative
Musikformen zur Disco-Musik zu kreieren:
»Sie [die DJs] wünschten sich eine Uptempo Disco mit ungefähr 120 Beats pro Minute, je
nach Vorliebe mit oder ohne Vocals. Während in Chicago der Sound vor allen durch technische
Innovationen auf der Basis von einfachen Basslines und ›four-on-the-floor‹-Rhythmus
geprägt wurde, waren es in New York die gospel- und soulähnlichen
Passagen.«22
An dieser Stelle macht der Autor auf bereits bestehende regional-typische
Merkmale aufmerksam. Interessant ist hierbei, dass Gospelvokalpassagen in
»The History Of The House Sound Of Chicago« von Cosgrove als Chicago- und
nicht New York-typisch angesehen werden: ». . . the art of splicing short gospel
speeches over frantic dance music, became an established part of the Chicago DJ’s
art.«23
23 Booklet: The History Of The House Sound Of Chicago. A.a.O., S. 18.
|
Sehr schlicht fällt die Definition von House bei den Soundbeschreibungen der
authentic-CD-ROM24
24 Sounds. Auf: authentic. the techno-reference. CD-ROM. complexx new media.
vis-à-vision Medienproduktion. 1996.
|
aus, die als entscheidendes Charakteristikum die Rhythmisierung anführt, die die
sonst für Techno typischen Starrheiten durchbreche. Diese Annahme könnte
in
der Verwendung analoger Maschinen und vor allem in den mit 16tel-Triolen gefüllten
viertaktigen Schemata von House begründet liegen.
Eine Unterscheidung zweier House-Musik-Subformen bietet
Achterknecht25
25 Achterknecht. A.a.O., S. 120.
|
in seiner Do-it-yourself-Anleitung für Techno an. Er unterscheidet zwischen Garage
(einer Subform der House Musik) und Kommerz-House:
»Garage & Underground. Geschwindigkeit: zwischen 125 und 135 bpm. Klänge: erdig,
eher dunkel, zum Teil sehr dünne Streicherflächen. Dynamik: mittel (15 dB), pumpender
Beat und laute Bassdrum. Produktion: kann ruhig etwas knirschen, Soul statt
Sauberkeit! Kleingedrucktes: Spärlich instrumentieren, Monotonie ist Trumpf, eine
melancholische Frauenstimme unterstützt die Erinnerung an einen modrigen Keller und
glücklichere Zeiten.«
›Kommerz-House‹ stellt er wie folgt dar:»Tempo: etwa 130 bpm (passend
zu 130 km/h im Golf GTI) Klang: keine Extremklänge, muß auch im
Ghettoblaster26
26 Transportables Kassettenabspielgerät, meistens in Stereoklangqualität.
|
gut klingen. Dynamik: klein (10 dB), so dass man auf der Autobahn noch
alles hören kann. Melodien: einfaches viertaktiges Schema, massiv gespielt,
zum Mitpfeifen.
|