- 82 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
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Zur Ermittlung des Gesamtrohwertes werden Tonhöhen- und Rhythmusrohwert addiert. Der höchstmögliche Gesamtrohwert beträgt somit 80. Dieser Wert wird jedoch nach Aussage Gordons nur sehr selten erzielt (vgl. Gordon 1989, S. 26).

Zur Konvertierung der Rohwerte in Perzentilränge musste das Testhandbuch zu Rate gezogen werden. Es enthält die Normwerte der Standardisierung an (3206) Musikstudenten, (2130) Studenten mit nichtmusikalischem Hauptfach und (872) »High School«-Schülern für alle erzielbaren Rohwerte in drei Tabellen (rhythmische Begabung, melodische Begabung und Gesamtwert) (vgl. Gordon 1989, S. 38). Zum Zwecke der Vergleichbarkeit der Perzentile wurden in dieser Untersuchung trotz der Tatsache, dass auch musikalische Laien daran teilnahmen, nur die Normwerte für Musikstudenten verwendet.

Es stellt sich die Frage, warum die korrekt beantworteten Items, die identische Tonfolgen enthalten, doppelt ausgewertet werden: einmal für die rhythmische Begabung und ein weiteres Mal für die melodische Begabung. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit durch konsequentes Ankreuzen des »Same«-Feldes bei jedem Item in beiden Begabungsdimensionen einen relativ hohen Wert von 30 Punkten (Konstante + 10 richtige »Same«-Antworten) zu erzielen. Gordon (1989, S. 31) empfiehlt zwar in einem solchen Fall den Antwortbogen nicht auszuwerten, begründet die doppelte Auswertung jedoch nicht. Weiterhin ist nicht nachzuvollziehen, warum fälschlicherweise als identisch angesehene Tonfolgenpaare bei dieser Auswertungsmethode nicht als Fehler gewertet werden. Sagt es denn nicht mindestens so viel über das Melodiegedächtnis aus, wenn ein Proband zwei Tonfolgen für identisch hält, die sich jedoch hinsichtlich ihrer Tonhöhen oder ihres Rhythmus unterscheiden, als wenn er zwar hört, dass zwei Tonfolgen unterschiedlich waren, sich aber nicht sicher ist, ob nun die Töne oder der Rhythmus anders waren? Letzteres wird hier aber härter »bestraft«. Die Leistung dieses Probanden, der erkennt, dass zwei Tonfolgen nicht identisch sind, auch wenn er dann die falsche Antwort wählt, wird nicht gewürdigt. Insgesamt scheint Gordon die »Same«-Antwortoptionen nur aus Gründen der Reliabilität und Validität in den Test aufgenommen zu haben (vgl. Gordon 1997b, S. 74). Letztendlich werden auch falsche Antworten bei dieser Auswertungsmethode doppelt gewertet: indirekt, in dem keine Punkte für diese Antworten vergeben werden, sowie direkt durch Punktabzug.

Gordon sind die oben angeführten Bedenken gegen das Auswertungsverfahren hinlänglich bekannt. Er veröffentlichte 1997 eine Studie, in der acht Auswertungsalternativen miteinander verglichen und mit einem Validitätskriterium korreliert wurden (vgl. Gordon 1997b, S. 72–88). Es zeigte sich, dass Verfahren mit Punktabzügen eine höhere Validität aufwiesen, als Verfahren ohne. Gleiches gilt für ungewichtete Punktverteilungen im Gegensatz zu gewichteten. Dies spricht für das bestehende Auswertungsverfahren. Allerdings wurde bei diesem auch eine außergewöhnlich hohe Interkorrelation (r = 0,79) zwischen den Ergebnissen der Tonalen Begabung und der Rhythmusbegabung festgestellt (Gordon 1997b), was Zweifel an der Unabhängigkeit dieser beiden Testwerte aufkommen lässt. Andererseits lassen sich Rhythmus und Tonhöhe in der Musik ebenfalls nicht vollständig voneinander separieren, ohne den musikalischen Sinnzusammenhang und die Ästhetik eines musikalischen Werkes zu zerstören. Das Auswertungsverfahren kam also hier wie von Gordon vorgesehen zum Einsatz.


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