4. Artikulatorisch-phonatorische Interferenzstudien
4.1. Begriffsklärung
Unter artikulatorisch-phonatorischer Interferenz wird im Rahmen dieser Arbeit – wie in der
Einleitung bereits erwähnt – der Versuch einer Blockierung oder sogar Ausschaltung der
Funktion der Stimm- und Lautbildung im Stimmapparat verstanden. Dies soll dazu dienen,
zu prüfen, ob sich kognitive Fähigkeiten gegenüber einer Bedingung ohne eine derartige
Interferenz verschlechtern. Im Falle einer negativen Auswirkung der Interferenz liegt es nahe,
daraus zu schließen, dass es sich bei den motorischen Prozessen nicht nur um ein
Epiphänomen der Kognition handelt.
Diese Hypothese wurde u. a. auch in zahlreichen musikbezogenen Studien mit Hilfe von
Doppelaufgaben überprüft:
4.2. Musikbezogene Interferenzstudien
Bereits im Jahre 1883 verwickelte der Psychologe Carl Stumpf seine Versuchspersonen in
seinen Untersuchungen zum absoluten Gehör in Gespräche zwischen den Darbietungen
einzelner Töne. Dadurch sollte verhindert werden, dass Töne mit Hilfe des relativen Gehörs
oder – wie man es früher auch nannte – des »Intervall-Sinns« miteinander verglichen und
dadurch identifiziert werden. Otto Abraham schrieb 1901:
Wenn man aber den Intervall-Sinn ganz ausschalten will, dann lasse man der
Versuchsperson größere Pausen zwischen den einzelnen Tönen, fülle die Pausen
durch Gespräche aus, oder moduliere in ungewohnter Weise auf dem Klavier, so
daß die Versuchsperson mittels Intervall-Sinns nicht zu folgen vermag (Abraham
1901, S. 6).
Demzufolge werden bei Relativhörern auch durch artikulatorische Interferenz in Form eines
Gespräches Spuren von eventuell im Gedächtnis behaltenen Tönen verwischt. Unklar ist hier
allerdings, ob das Vergessen des Referenztons aufgrund der beim Gespräch entstehenden
Geräusche oder aufgrund der veränderten muskulären Aktivität im Stimmapparat beim
Sprechen zustande kommt.
James Mainwaring (1933) ließ in einem Einzelversuch eine ausgebildete Sängerin
zwei hinsichtlich Rhythmus, Taktart und Anzahl der Töne vergleichbare akustisch
präsentierte Melodien auf zwei Arten erlernen: Eine Melodie sollte nur nach Gehör, unter
ausdrücklicher Vermeidung des inneren Singens angeeignet werden. Die zweite
Melodie wurde singend eingeübt. Die Versuchsperson konnte die nach Gehör erlernte
Melodie auch nach der siebten Präsentation nur fragmentarisch wiedergeben. Unter
zu Hilfenahme der Singstimme wurde die zweite Melodie dagegen bereits nach
der dritten Darbietung fehlerfrei wiederholt und konnte auch am nächsten Tag
wiedergegeben werden. Der Versuch hat zwar keinen wissenschaftlichen Wert,
seine
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