- 41 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
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gut im Gedächtnis verankern lassen (z. B. Gordon 1997, 2000; Giger 1993; Kaiser 1999; Marron 1991).

B. M. Teplov (1966, S. 316) äußerte Zweifel an der Notwendigkeit einer verdeckten stimmlichen Reproduktion musikalischer Klänge, da es möglich sei, sich mehrstimmige (homophone wie auch polyphone) Musik vorzustellen, wohingegen man durch »inneres Singen« nur eine Stimme reproduzieren könne. Auch wenn dieses Argument auf den ersten Blick durchaus logisch erscheint, so ist dennoch anzumerken, dass die Fähigkeit der mehrstimmigen musikalischen Klangvorstellung nicht objektivierbar ist. Möglicherweise entsteht in uns nur ein subjektiver Eindruck der Gleichzeitigkeit vorgestellter Klänge, während unsere Aufmerksamkeit blitzschnell z. B. »zwischen mehreren Stimmen hin und her springt«. In diesem Fall würde die Klangvorstellung aus einer linearen Abfolge charakteristisch hervorstechender Wendungen (wie z. B. Beginn und Ende von Phrasen, Einsätzen von Fugenthemen oder Verzierungen) bestehen, welche unsere Aufmerksamkeit erregen und stimmlich imitierbar wären. Geht man davon aus, dass die von der Gestaltpsychologie formulierten Gruppierungsgesetze auch auf die Vorstellung musikalischer Klänge anwendbar sind, so erscheint ein Bezug zur menschlichen Stimme naheliegend. Demgemäß müssten bei schnellen virtuosen Passagen die einzelnen Töne nicht separat und exakt imitiert werden, um sich Musik vorzustellen (Übersummenhaftigkeit). Die motorischen Prozesse könnten eine Rolle spielen bei der Strukturierung der Wahrnehmungs-/Vorstellungsinhalte nach gesanglichen Aspekten. So könnte z. B. eine schnelle Tonleiterpassage als Glissando oder ein Tremolo als Vibrato imitiert werden (Gesetz der Nähe bzw. der Ähnlichkeit). Entsprechend könnte sich die innere Stimme bei Instrumentalstellen, bei denen schnell zwischen hohen und tiefen Tönen gewechselt wird (z. B. bei barocker Pseudopolyphonie) hauptsächlich auf die benachbarten Tonhöhen einer der beiden wahrgenommenen Melodien konzentrieren, wodurch wiederum eine gesangliche Linie entstünde (Gesetz der guten Fortsetzung bzw. Gesetz des gemeinsamen Schicksals).


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