Könnten wir einen mit einem schwierigen Notendiktat konfrontierten Schüler mit einer geeigneten technischen Apparatur in den Hals schauen, so würden wir in den Problemlösungsphasen sicherlich einen »tanzenden Kehlkopf« beobachten können (Behne 1988, S. 9). Hier setzt die vorliegende Arbeit an, indem sie dieses Phänomen mit empirischen psychophysiologischen Methoden untersucht.
Ziel und Aufbau der ArbeitZiel der vorliegenden Dissertation ist zum einen der physiologische Nachweis der Existenz von Kehlkopfbewegungen bei Musikern und musikalischen Laien bei der klanglichen Vorstellung von Musik. Zum anderen sollen mögliche Bedeutungsaspekte solcher motorischer Prozesse im Stimmapparat für die musikalische Klangvorstellung empirisch untersucht werden. Dieser Einleitung folgen nun vier Teile. In Teil I sollen die für die eigene psychophysiologische Untersuchung notwendigen Grundlagen geschaffen werden. Zum besseren Verständnis des komplexen Prozesses der menschlichen Stimmbildung hinsichtlich der daran beteiligten Muskeln und deren zentralnervösen Steuerung sowie zur Veranschaulichung der engen Beziehung zwischen Stimme und Klangvorstellung erfolgt deshalb zunächst ein Überblick über die Anatomie und Physiologie des menschlichen Stimmapparates (Kapitel 1). Im Anschluss daran werden alle bisher durchgeführten physiologischen Studien, die Aussagen über motorische Prozesse im Stimmapparat bei musikalischer Klangvorstellung zulassen, vorgestellt (Kapitel 2). Aufgrund der Tatsache, dass zu diesem Thema nur einige wenige empirische Studien vorliegen, werden auch entsprechende Arbeiten aus dem wesentlich intensiver erforschten Bereich sprachbezogener Vorstellungen referiert.5
Es folgt eine Darstellung von Theorien zur Bedeutung motorischer Prozesse im Stimmapparat bei musikalischen Klangvorstellungen (Kapitel 3). Zuerst werden hier Theorien vorgestellt, die davon ausgehen, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen motorischen Prozessen und der Kognition besteht (Kapitel 3.1).6
|