Die Nervenbahnen könnten als physiologisches Korrelat
der Knüpfung eines Zusammenhangs zwischen der im Laufe des Lebens wiederholten
Reizung spezifischer Sinnesrezeptoren mehrerer Sinnesorgane bei gleichen oder
ähnlichen Ereignissen interpretiert werden. Musikbezogene Gedächtnisprozesse wären
dann Teil einer multimodalen körperlichen Repräsentation und würden durch
unmittelbare Beteiligung der entsprechenden Sinnesorgane zustande kommen. Jegliche
Erinnerung/Vorstellung könnte dann durch eine tatsächliche Reizung von Sinnesrezeptoren
erklärt werden, die – durch Umweltreize in Gang gesetzt – auch eine interne Erregung
weiterer Sinnesorgane über das neuronale Netzwerk beinhaltet. So gehen musikalische
Klangvorstellungen häufig mit visuellen Bildern, Gerüchen und Körperbewegungen einher
oder können durch diese ausgelöst werden. Viele Melodien und Musikwerke lösen
Stimmungen bzw. episodische Erinnerungen aus, die mit diesen Werken verbunden sind.
Möglicherweise werden bestimmte Charakteristika der Musik wie Tonhöhe, Rhythmus
oder bis zu einem gewissen Grad auch Klangfarbe motorisch enkodiert, da viele
Musikstücke in Verbindung mit Gesang oder körperlicher Bewegung erlebt werden. Eine
Auslösung solcher motorischer Programme könnte eine assoziative Stimulierung der
normalerweise an der Hörwahrnehmung beteiligten Sinneszellen erwirken und somit analoge
Inhalte der Klangvorstellung erklären. Alternativ könnte auch bereits das Hören von
Musik über das im Laufe eines Lebens individuell strukturierte neuronale Netzwerk
assoziativ die Sinnesrezeptoren anderer Sinnesorgane und des Muskelapparates intern
reizen und dadurch je nach persönlicher Erfahrung unterschiedliche Vorstellungen
hervorrufen.
Dieser Theorie zufolge entfiele ein separater Mechanismus zur Projektion innerer Vorstellungsbilder. Stattdessen wären die Rezeptoren der Sinnesorgane auch an den Wahrnehmungen ohne externe Reize beteiligt. Dies setzt sensorische Neurone voraus, die elektrische Impulse vom Kortex zu den Rezeptoren (zurück) übermitteln und diese reizen. Die Theorie wird gestützt durch die Tatsache, dass:
Dieser – hier nur skizzierte – integrative Ansatz (siehe Abbildung 18.1 auf der nächsten Seite) unterscheidet sich von den im Theorieteil vorgestellten Modellen im wesentlichen dadurch, dass es zugrunde legt, dass Kognitionsvorgänge, wie Wahrnehmungen und Vorstellungen durch (periphere) Sinnesempfindungen zustande kommen und diese weitestgehend auf den selben automatisierten Reiz-Reaktions-Mechanismen beruhen. Das hieße, dass z. B. motorische Prozesse nicht nur im |