- 71 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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zwei Bewegungen soll auf der Bühne nichts wie Licht gesehen werden: keine Gegenstände. Das grellste Licht ist erreicht, die Musik ist ganz geschmolzen. Die Riesen werden wieder deutlich, sind unbeweglich und schauen vor sich hin. Die Felsen erscheinen nicht mehr. Nur die Riesen sind auf der Bühne: sie stehen jetzt weiter voneinander und sind größer geworden. Hintergrund und Boden schwarz. Lange Pause. Plötzlich hört man hinter der Bühne eine grelle, angsterfüllte Tenorstimme, die vollkommen undeutliche Worte sehr schnell schreit (oft hört man "a": z.B. Kalasimunafakola!). Pause. Es wird für einen Augenblick dunkel.


Bild 4

Links auf der Bühne ein kleines schiefes Gebäude (einer sehr einfachen Kapelle ähnlich) ohne Tür und Fenster. An der Seite des Gebäudes (vom Dach heraus) ein schmales, schiefes Türmchen mit einer kleinen gesprungenen Glocke. Von der Glocke eine Schnur. Am untern Ende der Schnur zieht langsam und gleichmäßig ein kleines Kind, welches ein weißes Hemdchen an hat und auf dem Boden sitzt (zum Zuschauer gewendet). Rechts auf derselben Linie steht ein sehr dicker Mann, ganz schwarz gekleidet. Das Gesicht ganz weiß, sehr undeutlich. Die Kapelle ist schmutzigrot. Der Turm grellblau. Die Glocke aus Blech. Hintergrund grau, gleichmäßig, glatt. Der schwarze Mann steht breitbeinig und stemmt die Hände in die Hüften.

     Der Mann (sehr laut, befehlend; schöne Stimme): "Schweigen!" Das Kind läßt die Schnur aus der Hand. Es wird dunkel.


Bild 5

(...) Die Musik wird allmählich greller. Die Riesen bleiben unbeweglich. Von links erscheinen viele Menschen, in verschiedenfarbige Trikots gekleidet. Die Haare sind mit entsprechender Farbe verdeckt. Ebenso die Gesichter. (Die Menschen sind wie Gliederpuppen.) Erst kommen graue, dann - schwarze, weiße und schließlich farbige Menschen. Die Bewegungen sind verschieden in jeder Gruppe. Der eine geht schnell und geradeaus, der andere - langsam, wie mit Mühe, der dritte macht hier und da lustige Sprünge, der vierte guckt sich immer um, der fünfte kommt mit feierlichen theatralischen Schritten und hat gekreuzte Arme, der sechste geht auf Fußspitzen mit einer erhobenen flachen Hand usw.

     Alle verteilen sich verschieden auf der Bühne: einige sitzen in kleinen geschlossenen Gruppen, einige vereinzelt. Ebenso stehen manche in Gruppen, andere wieder allein. Die ganze Verteilung soll weder "schön" noch sehr bestimmt sein. Sie muß aber auch kein vollkommenes Durcheinander bilden. Die Menschen blicken zu verschiedenen Seiten, manche haben hocherhobene Köpfe, manche gesenkte und tiefgesenkte. Wie durch eine Mattigkeit gedrückt, ändern sie selten ihre Stellungen. Das Licht bleibt immer weiß. Die Musik ändert oft das Tempo. Hier und da wird auch sie matt. Gerade in so einem Augenblick macht ein weißer Mensch links (ziemlich hinten) unbestimmte, aber viel schnellere Bewegungen bald mit den Armen, bald mit den Beinen. Hier und da behält er eine Bewegung längere Zeit und bleibt in entsprechender Stellung einige Augenblicke. Es ist wie eine Art Tanz. Nur ändert sich auch das Tempo oft, wobei es manchmal mit der Musik zusammen


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