Das Ganze soll (nicht wie ein Traum) sondern wie Akkorde wirken. Wie Musik. Es darf nie als Symbol oder als Sinn, als Gedanke, sondern bloß als Spiel mit den Erscheinungen von Farben und Formen wirken. So wie Musik nie einen Sinn mit sich herumschleppt, wenigstens nicht in ihrer Erscheinungsform, obwohl sie ihn ihrem Wesen nach hat, so soll das bloß fürs Auge klingen und jeder soll meinetwegen ähnliches dabei denken oder empfinden wie bei Musik.
(Schönberg, Ausgew. Briefe 41)
Seine Gründe, von einer traumsymbolischen Deutung des Dramas absehen zu wollen, sind evident: Im Sommer 1908 zerbricht die Ehe der Schönbergs. Äußerer Anlaß ist Mathilde Schönbergs Verhältnis zu Richard Gerstl, dem jungen hochbegabten Maler und Mallehrer der Eheleute Schönberg. Mathilde Schönberg kehrt von ihrer Flucht mit Richard Gerstl zu Schönberg zurück (Stuckenschmidt, Schönberg 89). Gemeinsame Freunde, namentlich Anton Webern und andere, vermitteln. Die Affäre endet mit Richard Gerstls Selbstmord, über den Stuckenschmidt schreibt:
Gerstl wurde das Opfer einer leidenschaftlichen Zuneigung zu Mathilde Schönberg. Es ist sicher, daß die Schönbergsche Ehe 1907, ja vermutlich schon bald nach der Geburt des Sohnes Georg im September 1906, ein kritisches Stadium erreicht hatte. Durch Mahlers Fortgang aus Wien Ende 1907 kam Arnold Schönberg in eine Situation des inneren Aufruhrs und der seelischen Beunruhigung, deren Spuren wir in seinem Werk nachsuchen können. Durch die veränderte schöpferische Lage, die seine Tätigkeit als Maler hervorrief, wurde er offenbar von den Realitäten des Lebens bis zur völligen Isolierung abgelenkt.
(Stuckenschmidt, Schönberg 88)
Im Drama mit Musik Die glückliche Hand opus 18 reflektiert Schönberg jene Erlebnisse. In der Partitur finden sich deutliche Hinweise auf seinen seelischen Zustand. Verletzungen und Wunden infolge der Ehetragödie, auf die das Drama zweifellos zurückgeht, wirken bis in das Jahr 1913 nach. Schönbergs Auffassung bezüglich des "Spiels" von Farben und Formen wandelt sich in den folgenden Jahren. 1930 schreibt er aus Anlaß der geplanten Berliner Aufführung in einem Brief an Ernst Legal:
Ich bin kein Freund sogenannter "stilisierter" Dekorationen (welcher Stil?) und liebe es, in dem Bild die gute, geübte Hand eines Malers zu sehen, der einen geraden Strich grad machen kann und sich nicht an Kinderzeichnungen oder an Kunst der wilden Völker ein Beispiel nimmt. Die Gegenstände und Örtlichkeiten in meinen Stücken spielen mit, und darum soll man sie so deutlich erkennen können wie die Tonhöhen.
(Schönberg, Ausgew. Briefe 151)
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