In der Mehrzahl der Fälle ist es so, dass ich eine Akkordfolge habe, die ich
auf der Gitarre gespielt und dann immer weiter ausgearbeitet habe – [...]
eine spezielle Spielweise dafür entwickelt habe, [ausprobiert habe,] welche
Griffe man für einen Akkord benutzt, Fills reingemacht habe oder solche
Sachen (Björn J.).
Der PC dient dann dazu, diese Ideen erst einmal akustisch festzuhalten. Auch bei diesen
Musikern kann es zum Experimentieren im Wechselspiel mit dem Aufgenommenen
oder zur Nutzung von Schneide- und Nachbearbeitungstechniken kommen.
So beschreibt Bastian L., wie er bei der Entwicklung von Gitarrensoli bis zu
zwanzig verschiedene Aufnahmen macht, um aus diesen Versuchen dann ein
bleibendes Solo zusammen zu schneiden. Björn J. experimentiert beim Finden von
Gesangsparts:
Dann lasse ich das im Loop-Modus laufen und singe drüber. Und wenn dann
was Gutes dabei raus kommt, dann nehme ich das dazu auf.
Bezeichnend ist, dass dieses Experimentieren im Gegensatz zu den anfangs
beschriebenen Vorgehensweisen erst dann erfolgt, wenn schon wesentliche Elemente des
Songs entwickelt und aufgezeichnet wurden.
Diskussion
Die aus der professionellen Rock/Pop-Produktion übernommene Praxis, Instrumente
sukzessiv aufzunehmen und das Arrangement peu à peu übereinander zu schichten,
kommt als Standardverfahren auch im Amateurbereich daher. Gerade bei den
vorzugsweise allein arbeitenden ›Homerecordlern‹ ist dies naturgemäß die einzige
Möglichkeit, komplexe Arrangements umzusetzen. Rhythmusinstrumente wie Schlagzeug
und Bass bilden in diesem Prozess allgemein die Vorreiter. Das von den Kasseler
PC-Musikern beschriebene Vorgehen spiegelt sich exakt auch im folgenden Zitat eines
jugendlichen britischen Musikamateurs wider:
Ich fange mit einem Grundrhythmus an, wegen dem Feeling, und ich spiele
die Akkorde dazu, damit man dazu singen kann und den Rhythmus kriegt.
Dann programmiere ich eine Baß-Linie, die mit dem Grundrhythmus oder
dem Gesang interagiert ...Und wenn du erstmal das Grundschema laufen
hast, gehst du an die Feinarbeit, sowas, irgendwelcher Glitzerkram, damit
es dann hinhaut (aus: Willis 1992, 101).
Bereits für die 1970er Jahre unterteilt Wernicke (1989, Kap. II B) die typische
Vorgehensweise für »die musikelektronische Heim-Produktion eines Songs« in vier
Schritte:
- Erzeugen eines Grundrhythmus mit elektronischen Drums und Bass,
- Hinzufügen manuell eingespielter Akkorde,
- Hinzufügen spezieller Effektsounds und
- Aufnahme der Melodiestimmen (ebd.).
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