- 377 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Hans Christian Schmidt-Banse / Annette Kristina Banse
DUFT-NOTEN
Musik für feine Nasen

Der folgende Text ist ein Sende-Manuskript für das Radio (WDR 3 ARIADNE 07. 04. 2002). Er geht zurück auf ein ,Drehbuch‘, das Annette Kristina Banse und Hans Christian Schmidt-Banse für ein sog. ,Inszeniertes Konzert‘ geschrieben haben, aufgeführt an fernen kunstliberalen Orten, wo man kulturelle Feuchtbiotope nicht bewachen läßt von selbsternannten feuilletonistischen Scharfschützen mit provinziell geschroteter Munition. Die Umarbeitung in die radiophonische Form lag nahe, denn das Konzept des ,Inszenierten Konzerts‘ berührt sich eng mit der dramaturgischen Eigengesetzlichkeit von Features.

Duft-Noten. Ausgangspunkt war die verblüffende Erfahrung, daß Parfümeure zur Beschreibung ihres Gegenstands nichts anderes zur Verfügung haben als eine phantasievolle, bildkräftige, metaphorisch verwegene Sprache. Eine Partitur gibt es nicht, nur Sinneseindrücke, deren Charakter und Wirkung die Parfümeure trefflich zu um- bzw. zu beschreiben imstande sind.

Bei näherem Hinsehen, Probieren, kritischem Schnuppern und mehrmaligen Riechvergleichen fiel uns eine seltsame Parallele zwischen dem flüchtigen Medium Musik und dem gleichermaßen flüchtigen Medium Duft auf. Auch die Möglichkeit, einmal herzhaft ungeniert bei den Parfümeuren und ihrem Vokabular zu wildern in der neugierigen Absicht, ob es – wer weiß? – auch zur Beschreibung von auditiven Eindrücken tauglich wäre. Mit Wissenschaft hat das herzlich wenig zu tun. Mit dem Leben um so mehr ...

1 = Sie

2 = Er

[bei Duft-Beschreibungen müssen die Stimmen immer einen ,genießerischen‘ Klang haben]

MUSIK: Debussy, Syrinx, kurz anspielen

1) Die Nase sei unser drittes Ohr, mit anderen Worten: ein zentrales Organ, schließlich trage man es mitten im Gesicht . . . das behauptet allen Ernstes ein graubärtiger Referent während des 11. Europäischen Kongresses für Wahrnehmungsforschung in Konstanz . . . prompt entzündet sich eine turbulente Diskussion . . . [der folgend Dialog ereifernd]

2) . . . So ein Quatsch: man habe zwei Ohren, aber nur eine Nase . . .

1) . . . jaja, aber das kompensiere die eine Nase mit zwei Löchern . . .

2) . . . Unsinn: mit den Ohren nehme man die Welt wahr, erkenne man Gefahren, höre Wohlklänge, lausche dem betörenden Tonfall einer sanften Stimme . . .


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