Hartmut Lück
Obwohl die bis
heute wohl bedeutendste Vertonung eines Gedichtes von Friedrich Hölderlin im 19.
Jahrhundert entstand, ist dieser Dichter von den Komponisten recht eigentlich erst im
20. Jahrhundert entdeckt worden. Johannes Brahms’ 1871 entstandenes Schicksalslied
für Chor und Orchester op. 54 ragt aus einer Musikepoche, für die Hölderlin nicht zu
existieren schien, wie ein Monolith empor. Hölderlin ist zu seinen Lebzeiten von
Komponisten praktisch nicht beachtet worden, was u. a. am Zeitgeschmack, aber auch
an den kleinen Auflagen seiner Werke bzw. der Anthologien, in denen Werke von ihm
erschienen, gelegen haben mag; die eine Ausnahme der beiden Hölderlin-Vertonungen
(darunter auch von Hyperions Schicksalslied) durch den Schweizer Theodor Fröhlich
(1803–1836) war den Zeitgenossen so gut wie unbekannt, weil das Werk nicht im
Druck erschien und der Komponist jung verstarb. Aber auch in den Jahrzehnten
nach Brahms blieben Hölderlin-Vertonungen rar. Erst das 20. Jahrhundert sah
eine, dann auch gleich sprunghaft anwachsende Rezeption Hölderlins durch
Komponisten, wozu die erste Gesamtausgabe seiner Dichtungen durch Norbert von
Hellingrath (zwischen 1913 und 1923) einen sicherlich entscheidenden Anstoß
gab.
Hyperions Schicksalslied von Friedrich Hölderlin und seine Vertonungen |