- 263 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Die Arbeit im Klangprojekt geht den umgekehrten Weg. Ihre ‚instrumentalen‘ Ergebnisse werden von einem mehr oder weniger zufällig vorhandenen Material und von der Phantasie des Klangwerkers her bestimmt, der aus frei schweifendem akustischem Erkunden, Klanghoffnungen und -vermutungen, auch konsequent systematischem Experimentieren seine Ziele selbst entwickelt.


Wie ihn bei der Arbeit einerseits die Kenntnis z. B. eines bestimmten exotischen Instruments für eigene Versuche bis hin zum Nachbau anregen kann, so erfindet er vielleicht andererseits einen Klangkörper von prinzipiell gleicher Machart selbständig neu. Für die Funktion eines Klangobjekts im Projektzusammenhang ist es unerheblich, ob eher Nachahmung oder Intuition zu seiner Entstehung führt. Entscheidend ist letztlich die Qualität des Objekts an sich bzw. seine Musiktauglichkeit im Rahmen einer komplexen ästhetischen Gestaltungsdidee.


Gegenüber dem anleitungsgebundenen Instrumentenbau ergibt sich durch den Schwerpunkt des erfinderischen Materialzugiffs auf der handwerklichen Ebene eine für das Projekt wesentliche Konsequenz. Da einschlägige Erfahrungen unter den Bedingungen einer wahrscheinlich ungewohnt kärglichen Arbeitsmittel­ausstattung erst gesammelt werden müssen und Projekte in der Regel unter Zeitdruck stehen, richtet sich alles Experimentieren und Konstruieren zuerst direkt auf die angestrebte optimale Klangausbeute, die es mit möglichst geringem Aufwand – besonders in handwerklich technischer Hinsicht – zu erreichen gilt.


Dieser wird besonders im Bau von Einrichtungen für phantasievolles Umfunktionieren von geeigneten Materialien zu Klangobjekten, im musikalisch zweckmäßigen Zusammenfügen solcher Materialien, im Gewinnen von klanglich lohnenden Einzelobjekten durch Demontage komplexer Geräte u. ä. bestehen. Handwerkliche Tugenden und Techniken, soweit sie nicht primär musikalischen Zielen bzw. dem Erfordernis der Sicherheit im Projekt dienen, dürfen dabei durchaus vernachlässigt werden. Wasserwaage, Zollstock und Winkelmesser können sich geradezu als Phantasieblocker erweisen. Auch Materialmängel und -blessuren sollten nicht ohne vorherige Untersuchung auf einen eventuell spezifischen Klangeffekt gewohnheitsmäßig kaschiert oder beseitigt werden.


Qualität durch Quantität

Die musikalische Potenz des Schwingungen-Projekts steht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner materiellen Verfügungsmasse. Qualität und Quantität sind hier nicht gegeneinander auszuspielen. Einerseits verlangt das schulische Arbeitsfeld nach Material für viele Hände und phantasievolle Köpfe. Andererseits wirkt sich dessen Menge, unter akustischem Aspekt als schwingende Masse betrachtet, unmittelbar auf die Variationsbreite musikalischer Gestaltung aus. Es ist daher didaktisch und musikalisch sinnvoll, akustisch überhaupt auffällige


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