Moderne‹
anzusehen. Die terminologische Unterscheidung von ›zeitgenössischen Werken‹ und
›zeitgenössischer Tonsprache‹ bedürfte in diesem Zusammenhang einer klärenden
Definition, um den Laienorchestern eine Entscheidungshilfe sein zu können. Eine
Horizonterweiterung aller Teilnehmer durch vergleichendes Hören eines selbst
studierten Werkes (des Pflichtstückes) im Vortrag mehrerer anderer Orchester ist bei
einem Wettbewerb fraglos gegeben. Das Angebot, vielfältige, von vergleichbaren
Orchestern gespielte Literatur zu hören und im Gespräch, möglicherweise über
die spontanen Äußerungen »gefällt mir – gefällt mir nicht« hinaus, werk- und
instrumentenspezifisch zu erörtern, stellt aus Sicht der Veranstalter einen zentralen
Bildungsaspekt dar. Bedauern wird jedoch über die bisher geringe Resonanz
geäußert.44
44 »Begegnungsmaßnahmen gibt es in dem Bereich nicht, obwohl wir sowohl auf der
Landes- wie auch auf der Bundesebene den Begegnungsaspekt der Wettbewerbe sehr
stark fördern wollen. Wir erleben immer wieder, daß Orchester wenig Gebrauch davon
machen und häufig mit der Einstellung dahin kommen, wir liefern unser Programm ab,
warten auf das Endergebnis und fahren dann wieder nach Hause, vielleicht sogar schon
früher, so daß vor Bekanntgabe des Ergebnisses die Hälfte des Orchesters schon abgereist
ist. Das heißt, die hehre Absicht, die dahintersteckt, wird nur zum Teil umgesetzt. Hier
habe ich schon konkrete Vorschläge, die ich dem Hauptausschuß für den nächsten
Wettbewerb als entsprechende Anregungen geben möchte, weil ich das sehr schlimm
finde, gerade für die Teilnehmer selbst, wenn sich da so diese Berufsmusiker-Mentalität
breit macht, wir fahren da eben mal hin, spielen, lassen uns alles bezahlen usw.« (KINDT,
FB 4.)
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Eine Besonderheit stellt allerdings das Jurykonzept dar, indem 75 % der Wertungspunkte
(fünf Bewertungskriterien mit Punkten von 1,0 bis 25,0) durch eine Fachjury und
25 % durch eine im Vorhinein besetzte Teilnehmerjury (je ein Vertreter jedes
Orchesters einer Kategorie) vergeben werden. Dies führt zu einer bemerkenswerten
Situation.45
45 »Durch die beruflich breit gestreute Zusammensetzung der Jury [Berufsmusiker,
Musikpädagogen, Journalisten, Rundfunkredakteure u.a.] kommen sehr viele
unterschiedliche Grundaspekte in der Diskussion zusammen, wie man die Leistung
eines Orchesters bewertet. Wir haben so bestimmte Grundrichtlinien, die auch
schriftlich fixiert sind, also musikalische Kriterien, z.B. daß man Interpretation,
Intonation, Stilsicherheit, auch die technische Gesamtleistung des Orchesters, das
Zusammenspiel betrachtet. Ich denke, mit diesen Kriterien ist man einerseits gerüstet,
auf die Grundaspekte eines musikalischen Vortrags einzugehen, andererseits
ermöglichen sie aber auch eine Offenheit, sehr stark auf die Ensembleleistung im
Einzelfall reagieren zu können, um zu versuchen, das in Einklang mit dem anderen
Leistungsbild zu bringen. Wir haben das Prinzip der Teilnehmerjury, die mit 25 %
die Leistung eines Orchesters mitbewertet, was im Einzelfall durchaus dazu
führen kann, daß ein durch die Fachjury in Leistungsstufe ›sehr gut‹ eingestuftes
Orchester durch die Wertung der Teilnehmerjury runterrutscht auf ›gut‹ und
umgekehrt. Da ist es dann eigentlich immer die Aufgabe der Juryvorsitzenden, die
Fachjuroren davon zu überzeugen, daß man das Urteil der Teilnehmerjuroren
ernst nimmt [. . .] Da gibt es ganz heiße Diskussionen [. . .] Bei den bisherigen
Wettbewerben haben wir die Beobachtung gemacht, daß die Teilnehmerjury sehr
treffend geurteilt hat, daß mit sehr guten Argumenten auch die Leistungen
der Kollegen diskutiert werden, und daß sie in der Regel strenger sind als die
Fachkollegen. Jetzt in Gera haben wir gerade im Sinfonie- und Kammerorchesterbereich
erlebt, daß da die Fachjury etwas strenger war und die Teilnehmerjury durchweg
etwas großzügiger gepunktet hat, aber ob das ein Einzelfall war, oder ob der
Trend sich ein bißchen umkehrt, das muß man beobachten, aber beides besteht,
und man kann durch die gemeinsame Diskussion das Bild richtig einordnen.
Und gerade diese gemeinsame Diskussion am Schluß eines Wettbewerbstages
finde ich ausgesprochen interessant, weil die Teilnehmer aus einer ganz anderen
Blickrichtung und Warte die Sache begutachten als die Fachjuroren«. (KINDT,
FB 4.)
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Die musikalischen Kriterien der Wertung sind somit die herkömmlichen: Interpretation,
Intonation, Stilsicherheit, Zusammenspiel, technische Gesamtleistung. Das
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