- 150 -Homann, Rainer: Die Partitur als Regiebuch 
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tut, muss sich dann, meiner Ansicht nach, in der Arie wiederholen, um ihre Ausgeliefertheit diesem Gefühl zu zeigen. Sie setzt sich so hin, dass er ihr Gesicht nicht sehen kann, denn sie schämt sich, sie glaubt, sie kann sich nicht beherrschen, sie kann nicht verbergen, wie sie fast aufgelöst ist vor Glückseligkeit und Hingegebenheit und in diesem Augenblick am Ende, wo ich eben gesungen hatte, wagt Alfred die erste körperliche Berührung und küsst ihre Hand und diese Berührung, nach dem sogenannten Trinklied und nach dieser Arie ist dieser Handkuss nicht nur ein Handkuss. Das ist eine Berührung, die, ohne dass Violetta es weiß und darüber nachdenkt, eine Bedeutung hat, die sie durch und durch durchfährt und in diesem Augenblick ihr klar macht, wie sie einem Gefühl zu unterlegen im Gange ist.«227
227
ebd., S. 33

Diese Wirkung belegt Felsenstein mit der zerrissenen Gesangslinie der Antwort Violettas.

Violetta ist nicht in der Lage, eine Kantilene durchzuhalten, die den heroischen Worten gemäßer wäre. Der souveräne Text (»Wenn es so ist. . . «) würde exakt die Linie, die Verdi komponiert hat, verlangen, jedoch als gebundene Kantilene. Das staccato und die Zweiunddreißigstel-Pausen, die die Kantilene unterbrechen, verraten jedoch ihren wahren inneren Zustand. Dass Alfred in diesen staccato-Gesang immer wieder seine schwelgende Liebesmelodie singt, bis beide Stimmen sich in der Kadenz vereinen und sie in Terzabstand beenden, lässt Felsenstein diesen


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