- 40 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
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ein befriedigendes Resultat zu garantieren. Adorno ist derselben Meinung, wenn er schreibt: »Was nicht, zumindest an Modellen, zur einzelnen Note und zur einzelnen Pause hinabsteigt, ist als Interpretationsanweisung unverbindlich« (Adorno [1963], S. 276). Oder (in einer Aufzeichnung): »Genaue Analyse als selbstverständliche Voraussetzung der Interpretation. Ihr Kanon ist der fortgeschrittenste Stand der kompositionstechnischen Einsicht« (Adorno [2001], S. 10). Die LaRuesche Technik, die sich lokal und global zugleich anwenden lässt, ist folglich zu Interpretationszwecken bestens geeignet. Es ist wohl kein Zufall, dass auch die Doktorarbeit von Sharon (Sharon [1982]), dessen Titel seine Arbeit als einen »Performance Guide« vorstellt, die Guidelines als theoretische Grundlage benutzt.

Jeder der Parameter soll nach redundanten Elementen bzw. Mustern und nach seltenen Elementen und Abweichungen betrachtet werden. Nicht nur, dass dieses Verhältnis zwischen Wiederholung und Neuheit den Stil überhaupt ausmacht, so soll darüber hinaus postuliert werden, dass eine gute Interpretation sich u. a. dadurch auszeichnet, dass einmalige bzw. seltene Elemente – Abweichungen vom Stil – in ihrer klanglichen Umsetzung verformt werden.

Die fünf Parameter von LaRue sollen hier als Grundgerüst für die Strukturierung der Resultate dienen. Ihre genaue Anwendung, die teils als Einschränkung, teils als Erweiterung vom Originalwerkzeugkasten betrachtet werden kann, sei hier genau beschrieben:

  • Der Sound soll unter fünf Blickwinkeln betrachtet werden. Der Abschnitt ›Artikulation und lokale Dynamik‹ behandelt die Bindebögen und alle dynamischen Angaben, deren Gültigkeit sich auf eine einzige Note oder Einsatzzeit beschränkt, wie staccati, Akzente und Ähnliches. Unter ›globale Dynamik‹ werden die Angaben zur Dynamik analysiert, die auf mehrere Einsatzzeiten wirken. Drei andere Blickwinkel, ›Pedalanweisungen‹, ›Register‹, und ›Textur‹, verstehen sich von selbst und brauchen nicht weiter beschrieben zu werden.
  • Bei der harmonischen Analyse soll nicht die Riemannsche, sondern die im angelsächsischen Raum übliche Funktionsharmonik als theoretische Grundlage benutzt werden20

    20 Diese Entscheidung soll nicht als eine Kritik der Riemannschen Funktionsharmonik interpretiert werden: Sie stammt lediglich aus meiner bisherigen musikalischen Erziehung. Wie beim Vergleich zwischen Mac und PC sind sich beide Systeme viel ähnlicher, als ihre Anhänger es gerne zugeben wollen, und haben Vor- und Nachteile, die sich grosso modo ausgleichen. Ausschlaggebend für die Benutzung des einen oder anderen ist lediglich der Geschmack oder die Tradition, nach welcher man erzogen wurde.

    . Bis auf eine Ausnahme, die an entsprechender Stelle erklärt wird, hätte jedoch in diesem Fall die Riemannsche Analyse sehr ähnliche Resultate erzeugt. Folglich wurde beschlossen, anstatt der römischen Ziffern die im deutschsprachigen Raum üblichen Buchstaben (T für Tonika, D für Dominante usw.) für die Notation zu benutzen, um das Lesen zu erleichtern.
  • Die Analyse der Melodie setzt ihre Schwerpunkte je nach Stück unterschiedlich, um die Verschiedenheit der melodischen Merkmale erfassen zu können. Es werden aber hauptsächlich die Intervalle, die Gestalt, die Richtungswechsel sowie die Amplitude betrachtet.
  • Der Rhythmus ist in beiden Etüden der Parameter, der aufgrund der durchlaufenden Sechzehntelnoten bzw. –sextolen am aussageschwächsten ist. Dennoch sollen die recht seltenen Abweichungen innerhalb dieser durchlaufenden Notenketten genauestens untersucht werden.


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