Sie zogen aus, Beethoven zu bringen jedermann(Anfang des Gedichtes) Beethoven - ein Phänomen - immer noch.
Schon die ersten Worte des Gedichtes klären, was im Titel unklar blieb: Die "Bringer" stellen sich in den Dienst der zur Idee geronnenen Musik Beethovens. Hier zieht nicht einer aus, -um etwa seine individuellen Einsichten über Beethoven weiterzugeben; -die Gruppe, -die von einer Idee Durchdrungenen, -die Erleuchteten, -kurz: "sie" Glücks teilhaftig werden zu lassen. Es scheint Gewißheit darüber zu bestehen, daß das Angebot angenommen wird, sobald es nur empfangen werden kann. Der Gedichtanfang deutet nach Wortwahl und -anordnung auf eine unbestimmte Vergangenheit. Die Sprache rückt in die Nähe biblischer Texte. Im inhaltlichen Vordergrund erscheint weniger das unsichere, auf die Zukunft gerichtete Vorhaben, sondern vielmehr die Vermittlung einer "heilsgeschichtlichen Tatsache", die der selbstbestätigenden, stärkenden Solidarität "in Beethoven" dient. Man mag hier einwenden, eine derartig isolierte Betrachtung der Anfangszeilen sei illegitim, da sie weder dem Ganzen des Gedichtes, noch - möglicherweise - den Intentionen des Dichters gerecht werden könnte. Indessen eröffnen sich Ausblicke auf die Hintergründe derartiger Sprachgestalten: Das gesamte Umfeld der hier verwendeten Interpretationsmuster, das sich unübersehbar an ein (säkularisiertes) christologisches Begriffsrepertoire anlehnt, bildet eine wesentliche Konstante in der Geschichte der Beethoven-Rezeption, soweit sie sich im Schrifttum verfolgen läßt. Hans Heinrich Eggebrecht nennt in seiner Arbeit "Zur Geschichte der Beethoven-Rezeption. Beethoven 1970" [3] u.a. folgende Stichworte zu diesem Komplex: "ZAUBERER, PRIESTER, HEILIGER, STELLVERTRETER (IM LEIDEN UND ÜBERWINDEN) FÜR DIE MENSCHHEIT, PREDIGT, EVANGELIUM, VERKÜNDIGUNG, ERLÖSER, CHRISTUS, GOTT" usw.[4] Der kontrastierend vorangestellte Schülerkommentar ist eine atemlose Reaktion von plakathafter Wirkung. Das längst für selbstverständlich Gehaltene wird neu in das Bewußtsein gehoben. BEETHOVEN, -das (nicht nur musikalische) Wunder, -das nie ganz erfaßbare PHÄNOMEN, -zuweilen von leibhaftigeren Phänomenen der Interpretationskunst ersetzt oder wenigstens verdrängt. Das IMMER NOCH klingt bestätigend, -zugleich aber auch verwundert darüber, daß diesem längst etablierten "Phänomen" selbst im Zeitalter der Raumfahrt ein unaufgelöster Rest anhaftet. Deshalb wird man sich BEETHOVEN -eines Tages- doch noch zu stellen haben.
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