einem tragischen Unglücksfall ums Leben kommen zu lassen. Als es hierzu nicht kam, wurde Picquart Anfang 1898 verhaftet und aus der Armee entlassen. Nach erneuten Gerichtsverhandlungen um Dreyfus konnte dieser die Teufelsinsel 1899 verlassen und wurde begnadigt. Picquart wurde im Juni 1899 aus der Haft entlassen. Die militärische Rehabilitierung beider erfolgte erst im Juli 1906.131 Eckhardt Fuchs, Günther Fuchs: »J’accuse« : Zur Affäre Dreyfus, Mainz 1994; Maurice Baumont, Au coeur de l’affaire Dreyfus, Paris 1976. |
Die Wiener Presse berichtete kontinuierlich vom Verlauf der Affäre mit unterschiedlicher Ausrichtung in liberalen Zeitungen einerseits und antisemitischen Blättern andererseits.132 Jacqueline Magnou, Die Dreyfus-Affäre im Spiegel der Wiener Presse. Eine ideologische Studie, Siegen 1983. |
Besonders in der Neuen Freien Presse, der führenden Wiener Tageszeitung, die man auch die kontinentale Times nannte, gehörte die Berichterstattung über die Dreyfus-Affäre zu den wichtigsten Nachrichten.133 Zu dem Dreyfus-Kreis, der mit Mahler in Kontakt stand, gehörten neben Picquart der Mathematiker und spätere französische Ministerpräsident Paul Painlevé, Baron L’Allemand und Paul Clemenceau mit seiner Frau Sophie, einer Tochter von Moritz Szeps, dem Leiter des Wiener Tagblatts, und der Schwester von Bertha Szeps-Zuckerkandl, in deren Haus Mahler Ende 1901 seine Frau Alma kennengelernt hatte. Dieser Kreis reiste, so Alma, zum Elsässischen Musikfest im Mai 1905 nach Straßburg, wo Mahlers Fünfte Symphonie aufgeführt wurde und Mahler ein Konzert mit Werken Beethovens dirigierte, das mit dessen Neunter Symphonie schloß. Alma schildert bei dieser Gelegenheit besonders die Persönlichkeit Picquarts in eindrücklichen Worten. Der Kontakt zwischen diesem Kreis und Mahler begann jedoch früher als Alma berichtet. Als die Wiener Philharmoniker im Juni 1900 anläßlich der Weltausstellung in Paris Konzerte gaben, weilte Picquart unter den Zuhörern, wie das Wiener Tagblatt meldete134 Blaukopf, Dokumente, S. 226. |
, dessen Korrespondent, Mahlers Freund Ludwig Karpath, in Paris zugegen war. La Grange erwähnt ein Zusammentreffen zwischen Mahler, Picquart und Clemenceau anläßlich eines Banquets des Präsidenten der Republik zu Ehren der Wiener Musiker135 , bei dem Mahler »die starke Persönlichkeit, die Reinheit und außergewöhnliche Klasse« Picquarts würdigte136 La Grange I, 884: »Chez Picquart, Mahler apprécie aussitôt ›la forte personnalité, la pureté et la classe exceptionnelle‹.« |
. Karpath nennt das Zusammentreffen in seinen Erinnerungen an die Reise nicht.137 Karpath, Begegnung, S. 150–157. |
Berta Szeps-Zuckerkandl führt aus, daß der genannte Kreis von 1900 bis 1908 beinahe jedem Konzert beiwohnte, das Mahler im Ausland dirigierte.138 Berta Szeps-Zuckerkandl: Ich erlebte fünfzig Jahre Weltgeschichte. Stockholm 1939, S. 185. |
Demnach ist Mahlers Paris-Besuch als Beginn für das Mahler-Interesse des Kreises anzusehen. Anläßlich des Straßburger Zusammentreffens 1905 erwähnt Alma, Picquart habe Mahlers Musik kennengelernt, indem er sie vierhändig mit L’Allemand spielte. Er habe bei diesem Zusammentreffen den stärksten Eindruck auf sie und Mahler gemacht.139 Alma Mahler, Erinnerungen, S. 115. |
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