lie geprägt
sind.242
Vgl. Koll (1985), S. 536: »Mit akribischer Genauigkeit stellt der Film die Ereignisse in
einen realen Zusammenhang von Arbeit und Produktion, beobachtet stimmungsvoll und
ethnisch präzise die Arbeit der Krabbenfischer.« Aline Bertoni schreibt in der Revue du
Cinéma (La saison cinématographique 1986, Hors série XXXIII), S. 16f., hier S. 17: »Son
approche d’Alamo Bay est celle du documentariste. Tout effet de mise en scène susceptible
de provoquer un impact émotionnel trop facile est volontairement gommé, au risque parfois
d’émousser l’intérêt.« (»Sein [des Regisseurs] Ansatz ist der eines Dokumentarfilmers.
Jeder Effekt der Inszenierung, der vordergründige Emotionen erwecken könnte, wurde
bereitwillig gestrichen. Somit besteht bisweilen die Gefahr, dass das Interesse verloren geht.«).
Auf die Koexistenz verschiedener Stilmittel verweist auch de Baecque (1985), S. 65 in
seinem kritischen Kommentar: »rythme inexorablement régulier tendu entre la description
minutieuse de la pêche aux crevettes et le mélo le plus larmoyant . . . « (»ein unerbittlich
fester Rhythmus, der zwischen minutiös genauen Beschreibungen des Krabbenfangs und der
weinerlichsten Melodramatik pendelt.«).
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Zu dieser Mischung kommt noch das Genre, auf das der Film anspielt, und dessen
Dramaturgie teilweise übernommen wurde, nämlich das des Western. Die traditionelle
Western-Thematik des Fremden, der in eine Stadt mit einer eingeschworenen
Gemeinschaft kommt und mit den Einwohnern aneinander gerät, ist ein Beispiel für die
Verwandtschaft zu diesem Genre. Vor allem das letzte Drittel des Films erinnert an High
Noon (USA 1952, Regie: Fred Zinnemann): Der einsame Kämpfer harrt aus und erwartet
die Rächer, die zum großen Showdown kommen, wobei eine Frau am Ende die
Entscheidung herbeiführt, während sich die Bürger des Ortes bedeckt halten. Der
Western hat schließlich auch als typisch amerikanisch geltenden Werte und Tugenden
zum Mythos gemacht (beispielsweise Individualismus, Hartnäckigkeit), die im Film
allerdings nicht von den Personen amerikanischer Abstammung, sondern vom
vietnamesischen Neuankömmling vertreten werden. Dieser gibt sich amerikanischer als
alle Amerikaner im Film, so dass Glory ihn als ›letzten Cowboy von Texas‹
bezeichnet243
Vgl. Segment 80: »You gotta be one of the last cow-boys left in Texas.«
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und er fast schon wie eine Karikatur wirkt. Die Amerikaner dagegen versuchen mit aller
Gewalt ihr Land vor Fremden zu bewahren, so dass bei ihnen von der traditionellen
Pioniermentalität nichts mehr zu spüren ist.
Alamo Bay vereint somit Elemente des Dokumentarfilms mit Elementen des
Melodrams in einer Westernform mit traditioneller Dramaturgie und der dazugehörigen
Spannungsentwicklung. Es wird zu untersuchen sein, welchen dieser Aspekte die
Musik akzentuiert bzw. ob sie als Vermittler zwischen den verschiedenen Stilen
fungiert.
Die Musik im Film
»Ursprünglich hatte ich geplant, bereits bestehende Country-music zu verwenden.
[...] Doch dann wurde mir klar, daß der operettenhafte Stil des Films eine
durchgängige Partitur verlangte – etwas, was bei mir nicht oft vorkommt. Ich
ging also zu Ry, weil ich das Gefühl hatte, ich brauchte eine durchkomponierte
Partitur. Er machte seine Sache wunderbar.«244
In diesem Zitat wird deutlich, dass der dramaturgischen Struktur des Films, die Malle
›operettenhaft‹ nennt, womit er offensichtlich auf die klassische Dramenform
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