Für die Musik des Films beauftragte Malle den renommierten Komponisten Georges Delerue (1925–1992), der in seiner Karriere oftmals mit François Truffaut zusammengearbeitete (Tirez sur le pianiste u. a.). Die wesentlichen Stücke sind auf einer LP zusammengefasst.¹⁵⁰

  Die Musik in Viva Maria

Das Milieu des Zirkus und des Variété bestimmt einen nicht unerheblichen Teil der im Film verwendeten Musik. Der Anteil der Musik an der Gesamtlänge ist recht hoch (46 %), was sich damit begründen lässt, dass die Zirkuswelt traditionell eng mit Musik verknüpft ist und zudem die Auftritte des Maria-Duos wesentliche Bestandteile der Dramaturgie darstellen. Zweifelsohne haben jene Musiknummern zum kommerziellen Erfolg des Films beigetragen, erklangen doch die Originalstimmen der französischen Schauspielerinnen.

Es lassen sich zwei Themen herausheben, die die Musikdramaturgie des Films in erster Linie bestimmen: das sogenannte ›Florès-Thema‹ (auf der Soundtrack-LP Musique de cachot Jeanne Florès betitelt) und der Schlager Les petites femmes.

Das ›Florès-Thema‹ erklingt zum ersten Mal in Segment 25 beim Auftreten des Revolutionsführers. Es begleitet im Film seine Person bzw. stellt die Erinnerung an ihn dar. In Segment 40 wird es zur großen Liebesszene von Maria I und Florès montiert.

Diese einfache und doch charakteristische Melodie erhält ihren besonderen Reiz aus der erniedrigten siebten Stufe (As-dur in B-dur), womit möglicherweise spanisches Kolorit assoziiert werden soll. Im weiteren Verlauf wird das Thema Änderungen unterworfen, die den ursprünglich sehr fragil und intim wirkenden Gestus (das Thema wird zunächst nur von Gitarre bzw. dezenten Streichern gespielt) grundlegend ändern. Ein sehr eindrucksvolles Beispiel dafür ist der Revolution March (t 31). Die gleiche Melodie wird von einem großen Orchester über einem Pauken-Ostinato gespielt und erinnert somit an einen Triumphzug. Schließlich schließt der Film mit dem Lied Maria Maria (t 40): Der Zirkus ist inzwischen nach Frankreich zurückgekehrt und erzählt in seiner Vorstellung von den Abenteuern in Mexiko. Dazu singen die Marias auf Spanisch zu der Melodie des Florès-Themas – die Erinnerung an den Märtyrer bleibt somit auch in Frankreich erhalten.

Dramaturgisch noch wichtiger ist der Schlager Les petites femmes, welcher zum ersten Mal in den Segmenten 33–34 erklingt. Er stellt inhaltlich eine Art Hommage an die Kapricen der Pariser Frauen dar, im Film verkörpert durch die beiden Marias (auch wenn eine in Wirklichkeit Irin ist). Im Rhythmus eines Cancans erklingt der Refrain: