- 54 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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Lydia Alain ernsthaft, dass sie ihn heiraten wollte. Der Charakter der I. Gnossienne steht gegensätzlich zu dieser in Liebe ausgesprochenen Heiratserklärung. Die Musik mutet hier fast wie eine innere Stimme Alains an, die sich wehrt. Sein Unbehagen wird auch im Folgenden offenbar, wenn er erklärt, er könne Lydia nicht begleiten, da er in die Klinik zurück müsse. Deutlicher zeigt sich das ambivalente Verhältnis zu Frauen in Segment 35, wenn Leroy in einem Straßencafé die vorüberziehenden Pärchen und Frauen beobachtet und zudem noch vom interessiert herüberschauenden Mädchen am Nachbartisch betrachtet wird. In dieser Situation fühlt sich Alain sichtlich unwohl, so dass er rückfällig wird und den Cognac hinunterstürzt. Hierzu erklingt abermals die I. Gnossienne. Die Musik verklammert in diesen Fällen folglich thematische Motive der inneren Handlung des Protagonisten.

Die syntaktischen Funktionen der Musik in der Mikrostruktur

Neben den eben bereits erwähnten Funktionen der Musik, die in die Makrostruktur eingreifen (Erstellen epischer Bezüge durch das mehrmalige Verwenden von Stücken), soll an dieser Stelle das Verhältnis von Musik und Schnitttechnik und Montage hervorgehoben werden. Hierbei wird exemplarisch Take 5 eingehender analysiert, um zu zeigen, wie die Musik den filmischen Rhythmus bestimmt.

Take 5 und die verwendete III. Gnossienne besitzen eine Sonderstellung im Kontext der Musikdramaturgie des Films: Die Gnossienne ist das einzige Stück, welches vollständig erklingt. Zudem wird es nur einmal montiert, während das Gros der übrigen Stücke mehrmals verwendet wird. Die Musik begleitet Segment 12, einer ziellosen Irrfahrt Alains in seinem Zimmer in der Klinik. In diesem Abschnitt scheint er sich zu langweilen: er betrachtet Fotos seiner Frau Dorothy, spielt mit Gegenständen wie Zigarettenschachteln, einer Holzfigur, einem Seidentuch etc. Mit stetiger Unruhe streift er ohne erkennbares Ziel murmelnd vor dem Spiegel, an dem das Datum ›23 juillet‹ steht, entlang, bis der Blick auf Lydias Scheck ihn wieder in die Realität zurückzuholen scheint. Die Musik wird in dieser Szene oftmals absichtlich asynchron zum Schnitt geführt. Ein markantes Beispiel ist der Basston a in Takt 35, der erklingt, bevor Malle auf das Foto schneidet, das Alain und Dorothy zeigt. Die Ruhelosigkeit Alains findet in der Musik ihre Entsprechung, wenn zu der hemiolischen Struktur der Musik (Takte 24–28; eine 3/2-Struktur in der rechten und eine 4/4-Struktur in der linken Hand) kein Schnitt in dieser musikalischen Phrase auf einer betonten Zählzeit (weder linker noch rechter Hand) eingesetzt wird. Die sechs Einstellungen, die zu den Takten 24–28 montiert werden, zeigen Alain beim Spielen mit einem Melonenhütchen, wobei er teilweise im Spiegel gezeigt wird. Die Schnitte setzen jeweils auf der 3. und 4. bzw. 8. Achtel ein, zeitweise sogar zwischen den Achteln. Durch diese Asynchronität von filmischem und musikalischem Rhythmus wird die Ruhelosigkeit Alains optisch und visuell dargestellt. Parallel zum diskontinuierlichen Schnitt (Alain wird zusammenhangslos bei verschiedenen Tätigkeiten, wie dem Betrachten seiner Schuhe und dem Setzen der Schachfiguren gezeigt, wobei die Montage keine kontinuierlichen Bewegungen Alains wiedergibt) vermittelt die Schwerelosigkeit der Musik somit den Eindruck eines Menschen, der den festen Boden unter den Füßen verloren hat und mit seiner Zeit nichts anzufangen weiß: »Wie später in der Salonflucht der Wohnung von Cyrille und Solange


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