von Calcutta
und L’Inde fantôme äußert sich dieser Aspekt in dem bescheidenen Anspruch, nur zu
präsentieren, nicht jedoch zu erklären. So versucht Malle, die am Drehort gefühlten
Impressionen dem Filmbetrachter zu vermitteln, teils durch Off-Kommentar, teils aber
auch durch die Asynchronität der Musik (vgl. entsprechendes Kapitel). Dadurch erreicht
er ein hohes Maß an Ehrlichkeit und laut Prédal gleichzeitig an Objektivität
:
»Malle fonde paradoxalement l’objectivité de ses documentaires sur la subjectivité de son regard. Sur sa virginité aussi: pas de longue préparation avant le tournage ni de ›récupération‹ au montage. Il préserve le contact direct d’un observateur curieux [...].«447
Da der Off-Kommentar vom Regisseur selbst gesprochen wird, vermittelt Malle in ihm direkt seine Stimmungen und Gefühle. Gerade der Kommentar der amerikanischen Dokumentationen ist durch Wortwitz und Artikulation von einer feinen Ironie geprägt. Die Indien-Filme bilden den Kern der dokumentarischen Filme von Louis Malle. In ihnen entwickelt er die technischen Möglichkeiten des Synchrontons zu einer Ästhetik. Der aufrichtige Ansatz des Eingestehens der Beeinflussung der zu filmenden Subjekte, das spontane, instinktive Filmen und die unverhohlene Subjektivität der im Stile eines Reisetagebuchs vorgetragenen Off-Kommentare führt Malle zu einem Stil, der die darauf folgenden Dokumentarfilme bestimmt, die er zum Teil mit gleicher Crew drehte. Zudem jedoch – und das ist vielleicht der entscheidende Aspekt – hatte diese Ästhetik auch einen großen Einfluss auf die Spielfilme der 70er-Jahre. Nach dem Einschnitt, den die Indien-Dokumentationen repräsentieren, änderte sich Malles Spielfilmkonzeption: Er verpflichtete nicht mehr große Stars wie Alain Delon, Jean-Paul Belmondo, Brigitte Bardot oder Jeanne Moreau, sondern drehte mit Laien oder unbekannten jungen Darstellern. Hier macht sich der Einfluss der Dokumentarfilme bemerkbar: »Le retour au documentaire est une purification, ça m’a amené à simplifier, dépouiller mon travail de cinéaste de fiction.«448
»Une grande partie de Lacombe Lucien est notamment filmée caméra à la main avec la nouvelle Arriflex portable 35 mm comme un reportage de cinéma direct, ce qui casse les contraintes habituelles du film historique. De petits rattrapages en cours de plan peuvent en outre libérer les interprètes non professionnels de l’obsession des marques sur le sol pour le cadrage ou la lumière. Héritée de ses expériences documentaires, cette esthétique résout à la fois des problèmes techniques et la question du regard porté sur l’histoire
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