- 202 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Dieser Flageolett-Effekt bewirkt, daß der jeweils dazwischenliegende 4. und 12. Teilton, der an der Anschlagstelle einen Schwingungsbauch hat, geschwächt wird dadurch, daß der Hammerfilz relativ lange die Saite berührt und folglich der Hammer die betreffende Stelle der Saite dämpft.     

Jobst Peter Fricke, Hammerberührungsdauer und Saitenform bei der angeschlagenen Klavierseite, in: FASE/DAGA ´82, Göttingen 1982, S. 891-894


Wie beim Flageolett durch Aufsetzen des Fingers wird hier durch die Berührung mit dem Hammer in der Anfangsphase der Schwingung ein Schwingungsknoten erzwungen. Dieser ist besonders deutlich, wenn der Filz von guter Qualität ist. Folglich ist diese Strukturierung des Spektrums geradezu ein Qualitätsmerkmal für einen guten Ton. Bei einem neuen Flügel sind die Unterzyklen besonders ausgeprägt (Abbildung 6 und 7), bei einem abgespielten dagegen kaum. Sie treten nach dem Intonierungsvorgang aber wieder in Erscheinung (Abbildung 8).

Der heutzutage gebaute Konzertflügel ist das Ergebnis langen Experimentierens. Klavierbauer und Musiker haben in der Zeit der Entwicklung mit Hilfe ihres Gehörs den Klang den Erfordernissen der Zeit und ihren Wunschvorstellungen angepaßt. Sie haben ihn schließlich optimiert. Ein idealer Klavierklang ist dann offenbar der, der eine deutliche Strukturierung in dem oben gezeigten Sinne besitzt. Die in den Beispielen bisher gezeigten Einschnitte in den Spektren der vom Gehör offenbar bevorzugten Klänge, sogar verschiedenster Musikinstrumente, legen die Hypothese nahe, daß diese Einschnitte eigentlich das Wichtigste sind. Damit würde die Forderung nach dem Vorhandensein von Formanten geradezu auf den Kopf gestellt, indem nun verlangt wird, daß das Spektrum eines vom Gehör bevorzugten Klanges derart strukturiert sein muß, daß es Einschnitte oder Senken besitzt. Die Senken sind also das Entscheidende, nicht die Erhebungen.

Das war gerade das, was sich in dem Beitrag von Gätjen deutlich gezeigt hat, daß nämlich die Strukturierung dadurch zum Ausdruck kommt, daß im Spektrum solche Senken eingebaut werden. Die Gegenüberstellung von solchen, durch Senken strukturierten Spektren, die durch Impulsfolgen generiert werden, und unstrukturierten Klängen mit gleichmäßig schwächer werdenden Teiltönen, z.B. von einer Sägezahnschwingung, läßt diesen Unterschied in direktem Vergleich besonders gut hervortreten.

Auch im Bereich der Streicherklänge sind diese Erscheinungen nachzuweisen.

Esmat Abbas, Klangliche Eigenschaften des Kontrabasses, Diss. Köln 1989, S. 195 (= Kölner Beitr. zurMusikforschung, Bd. 161, Regensburg); Jobst Peter Fricke, Die durch induktive Messung

 festgestellten Besonderheiten an Klavier- und Kontrabaßsaitenschwingungen,

in: Instrumentenbau-Zs. Musik International 46, 1992 H. 2/3, S. 133, 141


Abbildung 9 zeigt im oberen Teil des Bildes das Spektrum des hörbaren Klanges, im unteren Teil das der Saitenschwingung. Beide sind sie durch Senken gegliedert, die jeweils Zyklen von sieben Teiltönen umfassen. Im Spektrum des mit dem Mikrophon aufgenommenen Klanges sind sie sogar noch deutlicher, denn hier gibt es noch eine


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