Regionale Idiome in der Popmusik
Jobst P. Fricke
Zur Einführung
Im Zeitalter einer alles überfremdenden westlichen Musikkultur mag es erstaunen,
ausgerechnet im Bereich von Pop, der in seiner westlichen Ausprägung die ganze
Welt überschwemmt hat, von regionalen Idiomen zu sprechen. Gelegentlich fallen
beim Hören von Popmusik aber Anklänge an fremde Kulturen auf. Diese sollen an
einer Reihe von Beispielen untersucht werden. Es gibt neben einer alles nivellierenden
Einheitskultur, neben einer total angeglichenen Import-Kultur, wie wir sie besonders bei den
Japanern und bei den Philippinos, aber auch in internationalen Hotels überall in der
Welt vorfinden, eine zweite Schicht, die typische Idiome der traditionellen Kultur
enthält.
Der Untersuchung wird folgende Arbeitshypothese zugrunde gelegt, die durch Überlegungen
verschiedener Autoren gestützt wird: Je mehr fremde Einflüsse wirksam sind, desto mehr
besinnen die Menschen sich auf das Eigenständige. Die Berührung mit fremden Einflüssen
erfolgt durch Nachrichten und unmittelbare Eindrücke, durch das Kennenlernen andersartiger
Umgangsformen, durch Konfrontation mit fremden Werten und Wertordnungen. Die Besinnung
auf das Eigenständige zeigt sich in der Rückbesinnung auf eigene Lebensart und Werte jeder
Art und die Vorstellungen davon.
Selbstverständlich ist davon auszugehen, daß die Menschen sehr verschieden reagieren;
denn sie haben verschiedene Ausgangslagen. Nur eines ist durchgängig feststellbar:
sobald durch Neues, Fremdes Verunsicherung aufkommt, wird nach einer Verankerung
gesucht.
Nichtverstehen löst das Gefühl von Hilflosigkeit aus. Wenn es dabei um existentielle
Lebensbedingungen geht, um lebenswichtige oder lebensbedrohende Ereignisse, die man nicht
versteht, kann diese Hilflosigkeit an den Rand von Panik führen. – Nun haben wir es bei der
Konfrontation mit Musik ja nicht mit einer Existenzfrage zu tun. Entsprechend schwächer fallen
die Reaktionen aus. Das Muster aber, daß Nichtverstehen das Gefühl von Hilflosigkeit auslöst,
ist präsent, weil es ein biologisch-evolutionär vorgeprägtes ist, auch wenn es nur in
abgeschwächter Form zur Wirkung kommt.
Nichtverstehen ist auch, Wahrnehmungen und Eindrücke nicht dem vertrauten Muster der
Erfahrungen eingliedern zu können, wenn es nicht gelingt, die Dinge, mit denen man im Leben
konfrontiert wird, in gewohnter Weise dem Bestand des Wissens oder dem Bild, das man sich
von der Welt gemacht hat, einordnen zu können. Sofern fremde Eindrücke mit einem solchen
Nichtverstehen verbunden sind, also das Gefühl von Hilflosigkeit vermitteln, erfolgt die
Besinnung auf Eigenes.