Auch die Rolle der Universitäten wurde kontrovers diskutiert. Nach Enders’
Einschätzung wird sich in Zukunft ein Student z. B. bei einer amerikanischen Universität
einloggen, weil es dort einen besonders guten Kurs zum Thema MIDI gibt. Andere
Universitäten werden entsprechend andere Schwerpunkte bilden, woraus sich
eine weltweite Konkurrenz der Universitäten ergeben werde. Für jede einzelne
Universität oder Musikhochschule würde das bedeuten, dass es nicht mehr
notwendig sei, ein breites Angebot an Basiswissen vorzuhalten, sondern im
Gegenteil einen sehr speziellen Schwerpunkt zu bilden, diesen dann aber weltweit
anzubieten.
Woher aber soll der Student wissen, welches das beste Angebot zu einem bestimmten
Thema sei, fragte Troge. Er hielt diese Schwerpunktbildung für eine Illusion, da ein
Student eben kein Computer sei, der in minutenschnelle Milliarden von Informationen
durchchecken könne, sondern ein Mensch, der seine Wertungen aus einem psychosozialen
Kontext erfahre.
Enders bestätigte, dass es darum gehe, Strategien zu entwickeln, das Wissen zu finden.
Es müssten Kompetenzen entwickelt werden, das Wissen zu bewerten, um aus der
Überfülle des Angebots die richtigen Informationen zu finden. Er räumte ein Versäumnis
der Hochschulen ein, indem sie diese Kompetenzen nicht jetzt schon entwickeln und
anbieten. Schläbitz bemerkte, dass in den neuen Rahmenrichtlinien des Faches Deutsch
in Nordrhein-Westfalen dieses Problem des Zugriffs auf das Wissen bereits berücksichtigt
wird.
Zusammenfassung
Insgesamt gab es in der Diskussion wenige echte Kontroversen, die unterschiedlichen
Meinungen und Beiträge ergänzten sich eher, als dass sie sich widersprachen. Daher ist
es möglich, die wesentlichen Gedanken kurz zusammenzufassen.
Wie jede neue Technik bergen die neuen Medien Risiken und Chancen. Dem Vorteil
der erleichterten Kommunikation steht der Nachteil der Unübersichtlichkeit gegenüber.
Obwohl eine Lenkung durch Machtgruppen wenig wahrscheinlich ist, droht eine
Kommerzialisierung. Möglicherweise ergibt sich in künstlerischer Sicht durch das neue
Medium eine neue Ästhetik. Für die Musikpädagogik ergeben sich neue Perspektiven
durch die erleichterte Kommunikation, z. B. durch gemeinsames Musizieren
auch über große Entfernungen hinweg. Die Bereitstellung und Vermittlung
von breit gefächertem Wissen wird weniger wichtig, dafür müssen dringend
Kompetenzen entwickelt werden, das Wissen in der unübersehbaren Informationsflut zu
finden.