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Degenerative Theory of Tonal Music

Guerino Mazzola

Zusammenfassung
Die unter dem Kürzel GTTM bekannte Generative Theory of Tonal Music von Ray Jackendoff und Fred Lerdahl gehört ihrem Anspruch nach zum Thema „globale Musiktheorie“. Während in den exakten Wissenschaften geltende Theorien automatisch globale Gültigkeit besitzen, ist dies in der Musikwissenschaft immer noch ein Desideratum. Wir diskutieren im Rahmen der Mathematischen Musiktheorie, der Strukturalistischen Musiksemiotik und der Musikinformatik die globalen Ansprüche der GTTM. Die Befunde provozieren neben einer Kritik an den formalen und inhaltlichen Qualitäten der GTTM auch entsprechend unangenehme Fragen an eine – vor allem im deutschen Sprachraum – in Verdrängung der GTTM verharrende traditionelle Musiktheorie.

1.  Die Generative Theory of Tonal Music in der Musiktopographie

Die vom Psychologen Ray Jackendoff und vom Komponisten Fred Lerdahl in Anlehnung an Noam Chomskys Generative Grammatik und Leonard Bernsteins Harvard-Vorlesungen über Musik und Semiotik1

1
Bernstein, Leonard: Musik – die offene Frage. Molden, Wien et al. 1976.
Ende der 70er Jahre entworfene generative Theorie der tonalen Musik2
2
Jackendoff, Ray and Lerdahl, Fred: Generative Theory of Tonal Music. MIT Press, Boston 1983; im folgenden als Referenz auch mit GTTM’83 zitiert.
hat in den USA eine starke Akzeptanz erfahren. Diesem Umstand ist insbesondere in internationalen Konferenzen Rechnung getragen worden3
3
So etwa an der ICMPC (International Conference for Music Perception and Cognition) der ESCOM, Liège 1994.
. Im deutschen Sprachraum steht dieser Rezeption bisher keine vergleichbare Resonanz gegenüber. Dies ist ein erster Grund, warum wir uns an dieser Stelle mit der „Generative Theory of Tonal Music“ (GTTM) auseinandersetzen und damit die nicht zu unterschätzende Bedeutung der KlangArt-Konferenz als Scharnier zwischen europäischer und US-amerikanischer Musikwissenschaft wahrnehmen.

Zum zweiten ist die GTTM unlängst im Rahmen einer Magisterarbeit4

4
Bradter, Cornelius: Die Generative Theorie der Tonalen Musik (Beiträge zur Musikpsychologie). LIT, Münster 1998
(!) in Deutschland erstmals eingehend untersucht worden. Und drittens steht der GTTM seit zwanzig Jahren eine entwickelte Mathematische Musiktheorie gegenüber, die – im Gegensatz zur GTTM – den Ansprüchen strenger Formalisierung genügt und

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